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Säbelrasseln um zwei Steinhaufen

Von Martyna Czarnowska

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Griechenland will seine Kriegsmarine verstärken - als Warnung an seinen Nato-Partner Türkei.


Sie sind nicht mehr als zwei nackte Felsen, die aus dem Meer ragen. Karg und unbewohnt. Nicht einmal ein Baum kann dort wachsen. Dafür hat das Inselpaar gleich zwei Namen, einen griechischen und einen türkischen. Und zwei Nato-Länder streiten sich um die Steinhaufen, die Imia beziehungsweise Kardak genannt werden. Es geht um Hoheitsrechte in der Ägäis und beiderseitige Ansprüche darauf: Die Felsen liegen gerade einmal sieben Kilometer westlich der türkischen Küste.

Vor gut zwanzig Jahren brachte das Griechenland und die Türkei sogar an den Rand eines bewaffneten Konflikts. Es fing an mit einer Frachtschiff-Havarie und führte dazu, dass Griechen zunächst eine griechische Flagge auf der Insel hissten, die dann Türken gegen eine türkische Fahne eintauschten, die danach Griechen wieder entfernten und durch eine griechische ersetzten und so weiter. Dazwischen gab es heftige Wortgefechte zwischen griechischen und türkischen Politikern, und auf einmal kreuzten ein paar Dutzend Kriegsschiffe rund um einen kleinen Fleck in der Ägäis. Die USA und die Nato mussten zwischen den Nachbarn vermitteln, die beide dem transatlantischen Militärbündnis angehören.

Beigelegt ist der Zwist aber auch heute nicht. Stattdessen hat er in den letzten Wochen und Monaten an Intensität wieder zugenommen. Griechenland will sogar nicht zuletzt deswegen seine Kriegsmarine verstärken. So möchte Athen zwei französische Fregatten erwerben. Es würde gern mehr kaufen, doch kann sich das hochverschuldete Land dies nicht leisten. Deswegen wird es zwei weitere Fregatten von den Franzosen leasen.

Denn mittlerweile ist das Säbelrasseln zwischen den Nachbarn wieder lauter geworden, wobei es wohl nur ein Teil der Zwischenfälle in die Presseagenturen und Zeitungen schafft.

Ein Auszug daraus:

Im Jänner kollidieren ein Schnellboot der griechischen Kriegsmarine und ein türkisches Patrouillenboot leicht.

Im Februar rammt ein Boot der türkischen Küstenwache eines der griechischen Kollegen.

Im März nimmt eine türkische Patrouille zwei griechische Soldaten fest, die die Grenze überschritten hatten - sie sind noch immer in Haft.

Anfang April kommt es zu einem Gerangel auf See zwischen der griechischen und der türkischen Küstenwache bei einer Rettungsaktion für Flüchtlinge.

Einige Tage später geben griechische Soldaten Warnschüsse ab, um einen tief fliegenden Hubschrauber der türkischen Küstenwache zur Umkehr zu bewegen.

Und wieder eine griechische Flagge, die für Ärger in der Türkei sorgt - gehisst auf einer weiteren unbewohnten Insel.

Griechische und türkische Politiker bezichtigen einander nun der "Provokation" und rufen die jeweils andere Seite zu Zurückhaltung auf. In Athen pocht die Regierung auf die Freilassung der zwei in der Türkei verhafteten Soldaten. In Ankara wiederum verlangt das Kabinett die Auslieferung mehrerer Militärs, die sich vor knapp zwei Jahren nach Griechenland abgesetzt hatten. Ein Ende der Scharmützel rund um die Ägäis ist derzeit nicht in Sicht.