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Motivator der Politikverdrossenen

Von Alexander U. Mathé

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Alexander U. Mathé

In El Salvador formiert sich eine neue Partei.


Der eigentliche Sieger der salvadorianischen Parlamentswahlen Anfang März schien nicht auf den Wahlzetteln auf. Nayib Bukele ist 36 Jahre alt, (erfolg)reicher Unternehmer und ein Politiker, der außerhalb des etablierten Parteiensystems steht. Bei den Wahlen rief der ehemalige Bürgermeister von Nuevo Cuscatlán und von der Hauptstadt San Salvador die Bevölkerung zu einem Boykott auf. Seit Jahrzehnten wird das mittelamerikanische Land von entweder der rechten Arena oder der linken FMLN regiert. Die Korruption sei bei beiden dermaßen verwurzelt, dass es sich gar nicht erst lohne, die Stimme abzugeben, meinte Bukele. Tatsächlich werfen allein schon die letzten beiden Präsidenten kein besonders gutes Licht auf die Staatsgewalt. Mauricio Funes von der FMLN wurde 2016 wegen ungesetzlicher Bereicherung in Höhe von gut 600.000 US-Dollar angeklagt. Er erschien gar nicht erst vor Gericht, sondern setzte sich direkt nach Nicaragua ab. Nicht viel besser sah es bei seinem Vorgänger aus. Antonio Saca von der Arena werden unter anderem Geldwäsche und Unterschlagung von 246 Millionen Dollar aus der Staatskasse vorgeworfen. Nach Bukeles Boykottaufruf gaben gerade einmal 48 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab - und das trotz Wahlpflicht. Allerdings hält sich die Wahlbeteiligung in El Salvador grundsätzlich in Grenzen. Seit Jahrzehnten geht im Schnitt maximal jeder Zweite zur Wahl. Unter diesen Umständen ist es natürlich recht schlau, sich zum Patron der Nichtwähler zu stilisieren. Doch so mancher Salvadorianer hat im Internet stolz seinen ungültigen Wahlzettel veröffentlicht, auf dem alle Optionen durchgestrichen waren und statt dessen mit der Hand hinzugefügt wurde: "Nayib 2019". Dieser geforderte Durchmarsch bis zu den Präsidentschaftswahlen nächstes Jahr schien auch durchaus realistisch. Wäre am Tag nach dem Parlament der Präsident gewählt worden, hätte Bukele klar gewonnen, sagten die Umfragen. Das dürfte nicht nur seinen "Es reicht"-Parolen geschuldet sein, sondern auch seiner bisherigen politischen Bilanz als Bürgermeister. In Nuevo Cuscatlán beispielsweise hat er dafür gesorgt, dass Jugendliche für jede Universität des Landes ein Stipendium erhalten, solange sie nur einen Notendurchschnitt von 7.5 (bei Höchstnote 10) vorweisen können. Auch eine Klinik schuf er, die den Ärmsten eine angemessene medizinische Versorgung bietet. Auf sein Bürgermeistergehalt verzichtete er, das er stattdessen in den Stipendienfonds fließen ließ. Viele Salvadorianer hoffen nun, Bukele werde diesen frischen Wind als Präsident über das ganze Land wehen lassen. Doch bis dahin gibt es noch mehrere Hürden. Zum einen muss die neue Partei "Nuevas Ideas" des ehemaligen FMLN-Mitglieds Bukele zugelassen werden. Zum anderen ermitteln die Behörden unablässig, ob Bukele nicht doch auch Korruption vorgeworfen werden könne. Erst vor kurzem stellte der Oberste Gerichtshof nach einjähriger Recherche fest, dass Bukele nichts in diese Richtung vorgeworfen werden könne. Und trotzdem wies das Gericht die Finanzbehörden diese Woche an, weiter zu ermitteln. Fast könnte man meinen, dass jemandem daran gelegen ist, Bukele noch bis zum nächsten Jahr anzuschwärzen.