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Populisten sind immer die anderen

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Die SPÖ will alle Wohnungsmieten amtlich regeln - warum nicht auch den Preis von Autos, Pizza und Grünem Veltliner?


Es ist erst ein paar Tage her, dass Ex-Bundeskanzler Christian Kern bei einer Veranstaltung in Südtirol wieder einmal vor den Gefahren "der Populisten in Europa" gewarnt hat. Man kann Kern durchaus zustimmen, wenn man sich ansieht, wie unverschämt Populisten in Europa derzeit so agieren. Der österreichische SPÖ-Chef Christian Kern etwa hat, fast genau zeitgleich, wegen der gestiegenen Kosten für Mietwohnungen "eine Miet-Obergrenze für jede Wohnung" in Österreich gefordert. "Der Staat muss eingreifen", sagte Kern dem Boulevardblatt "Österreich". In Städten "muss eine Jungfamilie mit zwei Kindern 40 bis 45 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben...Der Markt regelt das nicht - hier muss man jetzt ansetzen".

Die Miethöhe jeder einzelnen Wohnung dieses Landes von einer Behörde festsetzen lassen; mutmaßlich, um künstlich niedrige Mieten zu erzwingen - noch mehr Populismus ist kaum noch vorstellbar, diesfalls halt in der Erscheinungsform des Links-Populismus. Fehlt eigentlich nur noch, dass der SPÖ-Chef angesichts des überschaubaren Zuspruchs am Wählermarkt auch noch fordert, für die Preise aller Waren im Supermarkt amtliche Höchstgrenzen einzuführen. Das wäre doch ganz zweifellos im Sinne der "Gerechtigkeit", würde vor allem "den Schwachen in unserer Gesellschaft" zugutekommen und wäre daher ein Beitrag zu "sozialem Ausgleich" in unserem Lande. Nur zu, in Kuba oder Venezuela kann man ja genau studieren, wie erfolgreich eine derartige Logik der Preisregelung ist, gleich ob für Produkte des täglichen Lebens oder für Mieten.

Zum Wesenskern des Populismus gehört bekanntlich, scheinbar einfache Antworten auf sehr komplexe und verzwickte Probleme anzubieten. Die Ausländer sind schuld, die Unternehmer, oder eben die Wohnungsvermieter. Populismus at work.

Von Fakten lässt sich der begabte Populist nicht im Geringsten beeindrucken. Wie etwa dem Faktum, dass ausgerechnet auf der Homepage von "Wiener Wohnen", jener SPÖ-nahen Organisation, die in Wien rund 250.000 Gemeindewohnungen betreibt und daher mit dem hiesigen Immobilienmarkt bestens vertraut ist, folgender Hinweis zu finden ist: "Durch den sozialen Wohnbau wird der Mietpreis auf dem Wohnungsmarkt niedrig gehalten." Hier wäre vielleicht etwas feiner abgestimmte Kommunikation innerhalb der Sozialdemokratie empfehlenswert. Wenn der Mietpreis in Wien ohnehin "niedrig gehalten" wird, also per definitionem niedrig ist - warum "muss der Staat eingreifen" (Kern)? Aber gut, logische Konsistenz gehört ja nicht zwingend zu den Kern-Kompetenzen des zeitgenössischen Populismus. Donald Trump twittert ja auch mal dies, mal das.

Faktum ist aber auch, dass keine andere Metropole der EU (mit der Ausnahme Londons) so niedrige Renditen für die Vermietung von Wohnungen wie Wien ausweist, wie kürzlich eine Studie der Wirtschaftsprüfungskanzlei "Deloitte" ergab. 2,8 Prozent Jahresertrag erwirtschaftet demnach eine Mietwohnung in Wien, in Berlin dagegen 4,9 Prozent, in Warschau 6 Prozent, in Kopenhagen 7,7 Prozent und in Budapest gar fast 8 Prozent. Man muss kein Ökonomienobelpreisträger sein, um daraus zu erkennen, dass nicht unbedingt die Gier der Wohnungsbesitzer der Kern des Problems ist. Aber das ist einem Populisten ziemlich egal.