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Thailändischer Gratwanderer

Von Alexander U. Mathé

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Alexander U. Mathé

Ein vielversprechender Jungpolitiker droht im Gefängnis zu verschwinden.


Eigentlich hätte Thanathorn Juangroongruangkit in Ruhe seinen Reichtum genießen können. Geld genug hat der Erbe des größten thailändischen Automobilzulieferers, der Thai Summit Group, jedenfalls. Das Familienvermögen des dreifachen Vaters geht sicherlich in die Milliarden Euro. "Aber wie hätte ich damit glücklich sein können", sagte der 39-Jährige einmal gegenüber der britischen "Financial Times", "wenn da draußen Millionen Menschen nicht frei leben?"

Immerhin sind in Thailand politische Versammlungen bewilligungspflichtig und die Meinungsäußerung stark eingeschränkt. Seit sich die Junta vor vier Jahren an die Macht geputscht hat, steht trotz mehrfacher Versprechen noch immer kein Wahltermin fest. Um das alles zu ändern, wurde Juangroongruangkit Politiker. Er gründete im März die Partei "Future Forward" ("Vorwärts Zukunft").

Mit dieser Politik zu machen, ist allerdings ein gewagtes Unterfangen. Denn auch wenn die Junta dieses Jahr erstmals wieder politische Parteien zugelassen hat, so sind doch politische Betätigung oder gar Parteiwerbung weitgehend verboten. Mehr als hundert Menschen wurden Medienberichten zufolge dieses Jahr bereits verhaftet, weil sie friedlich für Wahlen demonstriert hatten.

Juangroongruangkit und seine Anhänger sind dazu übergegangen, auf den sozialen Medien aktiv zu sein und Interviews zu geben.

Eine Gratwanderung, wie Juangroongruangkit selbst weiß: "Wenn wir zu viel tun, überschreiten wir die Grenze, aber wenn wir nichts tun, werden wir die Wahl verlieren", sagt der Mann mit dem schier unaussprechlichen Namen, der fest damit rechnet, dass die Junta nicht um Wahlen herumkommen wird. Natürlich hat das Militär die Möglichkeiten des Internets nicht übersehen und entsprechende Vorschriften erlassen. Das Gesetz für Computerverbrechen sieht harsche Strafen vor für "falsche oder teilweise falsche", "verzerrte oder teilweise verzerrte" Angaben oder solche, die "die Wahrung staatlicher Sicherheit, staatlicher Wirtschaft, öffentlicher Infrastruktur und das öffentliche Interesse" gefährden.

Auch der Paragraf gegen Majestätsbeleidigung - auf den immerhin bis zu 15 Jahre Haft stehen - wird gerne auf die Beleidigung der Regierung ausgeweitet. Und tatsächlich wurden schon bald Ermittlungen gegen Juangroongruangkit aufgenommen. Eine Live-Übertragung auf seiner Facebook-Seite stieß den militärischen Wächtern unangenehm auf. Darin behaupten Unterstützer von "Future Forward", dass die Militärregierung ehemaligen Abgeordneten rivalisierender Parteien mit Gerichtsprozessen drohten, um diese ins eigene Lager zu lotsen.

Der Nachrichtenagentur "Associated Press" zufolge wurde vergangene Woche sogar Anzeige gegen Juangroongruangkit und weitere Anführer von "Future Foreward" erstattet.

Im Falle einer Verurteilung würde das eine bis zu fünfjährige Haftstrafe nach sich ziehen.

Von seinen Plänen, Thailand Demokratie zu bringen, das Militär in die Kasernen zu schicken, die Zensur aufzuheben und in die ländliche Wirtschaft zu investieren, könnte er dann nur mehr in einer Gefängniszelle träumen.