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Rittern um die Zeitgenossen

Von Judith Belfkih

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Judith Belfkih, stellvertretende Chefredakteurin der "Wiener Zeitung".

Der Fortschritt ist nicht zu leugnen. Beim neuen Deal steigt die Republik wesentlich besser aus. Denn der Staat darf die Kunstwerke der Sammlung Essl künftig nicht nur ausstellen: Als Ausgleich für die anfallenden Kosten von etwa 800.000 Euro jährlich gehen 40 Prozent der Sammlung in den Besitz der Republik über. Die restlichen 60 Prozent hat Hans Peter Haselsteiner ja bereits mit seiner Stiftung erworben, als er die vom Konkurs bedrohte Sammlung vor dem Filetieren rettete. So weit, so erfreulich.

Das Problem liegt, wie so oft, auch hier im gar nicht so kleinen Detail. Die kuratorische Zuständigkeit und damit ihr neues Zuhause finden die teils hochkarätigen und durchwegs zeitgenössischen Bilder in der Albertina - sie bespielt damit künftig Teile des Künstlerhauses. Dass sie dort bei Direktor Klaus-Albrecht Schröder in guten Händen sind, steht außer Zweifel. Dass es die Albertina geworden ist, liegt auch am langjährigen Vertrauensverhältnis zwischen Schröder und Sammler Karlheinz Essl. Ob dieser Deal auch auf einer höheren Ebene sinnvoll ist, darf man bezweifeln. Wird die Grafische Sammlung der Republik schrittweise zu einem zweiten Mumok oder 21er Haus? Für den längst ausstehenden Masterplan für die Bundesmuseen - Stichwort Weißbuch -, in dem etwa Sammlungstätigkeiten der einzelnen Häuser definiert werden sollen, bedeutet das Eingehen dieser sehr österreichischen Sammlung in die Albertina, dass bestehende Ungleichgewichte vielmehr verstärkt als begradigt werden.