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Ein bleibender Spuk

Von Michael Schmölzer

Leitartikel
Michael Schmölzer ist Redakteur des Ressorts Europa & Welt.
© WZ

Die Kongresswahlen waren eine Abstimmung über die Person des US-Präsidenten Donald Trump, auch wenn über Abgeordnete, Senatoren, Gouverneure entschieden wurde. Und genau das ist das Bedenkliche: Denn unglaublich viele US-Bürger stehen auch nach zwei Jahren Hetze, Chaos und Willkür hinter dem Immobilien-Tycoon.

Jetzt wissen wir: Trump, das ist kein Spuk, der aufgetaucht ist und rasch wieder verschwindet. Seine Politik ist kein zufälliger Fehltritt, kein Albtraum, der so rasch das Weite sucht, wie er gekommen ist.
Das, was Trump verkörpert, hat erfolgreich Anker geworfen: ein autoritäres Denken, das Lügen regelmäßig zu Wahrheiten erklärt und Tatsachen zu "Fake News"; ein Hass auf Immigranten; eine Haltung, die nur Verachtung für Frauen übrig hat.

Die Vergiftung des politischen Klimas in den USA, Beleidigungen und Erniedrigungen wurden von erschreckend vielen US-Bürgern per Akklamation gutgeheißen. Wobei es den Trump-Anhängern auch egal ist, dass seine Politik ihnen selbst unmittelbare Nachteile bringt. Was zählt, ist der Reiz des Aufstandes gegen das "Establishment". Der Hass auf alles Etablierte wurde jahrelang durch hochmütige Abgehobenheit der US-Elite gezüchtet.

Doch die Republikaner, die Trump 2016 noch erbittert bekämpft haben, sind zum willenlosen Gefolge eines Selbstherrlichen verkommen. Die Kongresswahlen, die den Republikanern wichtige neue Senatssitze gebracht haben, werden die innerparteiliche Kritik nicht befeuern.
Ja, die Trump-Partei hat jetzt die Kontrolle über das Repräsentantenhaus verloren, doch ein derartiger Vorgang ist Teil der politischen Normalität. Was eine wirkliche Zäsur gebracht hätte, wäre ein kompletter Machtwechsel im Kapitol gewesen, doch der ist ausgeblieben.
Natürlich können die Demokraten mit ihren neugewonnenen Möglichkeiten Trump jetzt das Leben schwer machen. Sie können den US-Präsidenten ärgern und vor allem innenpolitisch umfassender kontrollieren als bisher.

Nun ist davon auszugehen, dass Trump nach der Teilschlappe bei den Wahlen noch unberechenbarer, jähzorniger und hetzerischer wird. Das und ein untrüglicher politischer Instinkt entsprechen seinem Wesen. Die Angriffe auf Demokraten, Migranten und Medien werden an Intensität zulegen, immerhin hat Trump die Präsidentschaftswahl 2020 vor Augen, und den Wahlkampf wird er nicht mit Tatsachen, sondern mit Hetze bestreiten.

Die Demokraten stehen jetzt vor der schwierigen Aufgabe, einen Kandidaten finden zu müssen, der genug Strahlkraft hat, um Trump erfolgreich die Stirn bieten zu können. Dabei noch einmal auf eine Frau zu setzen, wäre ein mutiger Schritt.