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Am Beispiel der IS-Krieger

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Wie soll die Republik mit den in Syrien gefangenen IS-Kämpfern mit österreichischer Staatsbürgerschaft verfahren: Zurücknehmen und ihnen hier den Prozess für ihre Taten machen? Eine Rückkehr verweigern und auf die Errichtung eines internationalen Strafgerichtshofs drängen? Oder die Rücknahme verweigern, die Staatsbürgerschaft entziehen und sie ihrem Schicksal in den Händen kurdischer Kampfverbände überlassen?

Auf komplizierte Fragen so bündige wie überzeugende Antworten zu geben, ist eine hohe Kunst und zählt zum notwendigen Rüstzeug für Spitzenpolitiker. Zur Kunst wird dies jedoch erst, wenn hinter der Vereinfachung das Wissen um die realen Fakten und Zusammenhänge steht. In Österreich befallen einen mitunter Zweifel, ob dieses Wissen mit der Kunst zur Vereinfachung stets mithalten kann.

In der Frage der IS-Kämpfer gibt es keine einfachen Antworten. Sicher ist, dass die überwiegende Mehrheit der Bürger diese lieber in Syrien als in Österreich vor Gericht sehen würde.

Solche Stimmungen lassen sich in einer Demokratie nicht einfach vom Tisch wischen, zumal es ja auch um den Schutz vor möglichen Gewalttaten geht.

Und trotzdem stehen der einfachsten Antwort - Staatsbürgerschaft entziehen und Rückkehr unterbinden - rechtliche Einwände gegenüber, zuvorderst die völkerrechtliche Übereinkunft der Staatengemeinschaft, keine Staatenlose zu produzieren. Genau das wäre jedoch der Fall, wenn heimische IS-Kämpfer nur über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen. Von politischer Natur ist dagegen das Argument, dass man von anderen Staaten nicht die Rücknahme "ihrer" Terroristen fordern kann, dies selbst aber verweigert.

Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten, das ist ein Grundpfeiler jeder rechtlichen Vereinbarung. Es gilt allerdings auch der Grundsatz, dass in jeder Demokratie das Recht vom Staatsvolk ausgeht. Und dieses kann sich ändern und neuen Gegebenheiten anpassen.

Das Verhältnis zwischen diesen beiden Rechtsgrundsätzen war nie spannungsfrei, es ist aber unübersehbar, dass die Fliehkräfte zwischen demokratisch legitimierten nationalen Interessen und international eingegangenen Verpflichtungen größer werden. In der Handelspolitik, im Umgang mit Migration und Asyl, in Fragen von Krieg und Aggression.

An einer stärkeren Berücksichtigung des Demokratieprinzips durch das internationale Vertragsrecht führt deshalb kein vernünftiger Weg vorbei. Je mehr Bereiche des innergesellschaftlichen Lebens vom Völkerrecht erfasst und reguliert werden, desto wichtiger ist es, das Recht auf einen innerstaatlichen Meinungswandel zu berücksichtigen.

Einfacher werden die Dinge dadurch natürlich nicht.