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Lex China

Von Marina Delcheva

Leitartikel
WZ-Redakteurin Marina Delcheva
© Wiener Zeitung

Im Umgang mit China gilt für Österreich: zu wichtig, zu mächtig, zu gefährlich. An China führt kein Weg vorbei. Zumindest wirtschaftlich. In den vergangenen 40 Jahren, seit dem Beginn seiner Öffnungspolitik, ist das Land vom Billigproduzenten zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Heute entfallen 18 Prozent des globalen BIP auf China. Zum Vergleich: Die gesamte EU macht 16 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. Mit dieser Marktmacht drängt China seit Jahren auf den europäischen Markt.

In Osteuropa ist es zum zentralen Wirtschaftsakteur geworden. In Serbien werden manche öffentlichen Ausschreibungen zuerst in Mandarin verfasst, in Ungarn hat China seit 2007 fast 4 Milliarden Euro investiert, Griechenland hat ganze Häfen an chinesische Investoren verkauft. Am liebsten verhandelt China mit jedem EU-Staat bilateral, ganz zum Missfallen der EU-Kommission.

Für das kleine Österreich ist das besonders heikel. Denn China ist Kunde und Konkurrent zugleich. Man möchte natürlich dorthin exportieren, am gigantischen Wirtschaftsprojekt "Neue Seidenstraße" teilhaben, ein Stück vom wirtschaftlichen Erfolg Chinas mitnaschen.

Was man weniger gern möchte: zu viel Einfluss in sensiblen Bereichen wie Infrastruktur und Technologie und natürlich das Abwandern von technologischem Know-how aus Österreich.

Die am Mittwoch im Ministerrat beschlossene Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes soll mehr staatliche Mitsprache bei Übernahmen aus Drittstaaten in besonders kritischen Bereichen wie Technologie, Energieversorgung und Infrastruktur bringen. Das Gesetz richtet sich natürlich an alle Drittstaaten, also auch an Russland, die USA oder Japan.

De facto ist es aber eine Lex China, auch wenn Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck beteuerte, "kein Gesetz gegen Asien" machen zu wollen. Zu groß scheint aber die Sorge, von der wachsenden Weltmacht überrollt zu werden. Und ganz unbegründet ist diese Sorge nicht, wenn man sich die chinesische Einkaufsliste der vergangenen Jahre ansieht. Darauf finden sich zahlreiche innovative Unternehmen, die über großes technologisches Know-how verfügen: Kuka, FACC, eine Bosch-Sparte, Atomic - Know-how, das China dringend braucht. Denn das Land will bis 2030 die weltweite Nummer eins bei Künstlicher Intelligenz werden.

Zu viel Angst und Protektionismus China gegenüber ist dennoch nicht zielführend. Denn China kommt sowieso. Die EU-Staaten und damit Österreich wären aber gut beraten, China als Gemeinschaft entgegenzutreten, um auf Augenhöhe zu verhandeln. Alles andere wäre David gegen Goliath, aber ohne Steinschleuder.