Zum Hauptinhalt springen

Mit schwerer Axt

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Was wird eigentlich aus bis dahin staatstragenden Parteien, wenn diese beginnen, staatstragende Institutionen zu delegitimieren?

Die Frage muss in dieser Deutlichkeit gestellt werden. Bei der FPÖ hatte man sich seit der Ära Jörg Haiders daran gewöhnt, dass sie allzeit bereit ist, sogar die höchsten Institutionen der Republik herabzuwürdigen, wenn es nur den blauen Interessen nutzt. Aber die FPÖ war auch nie eine staatstragende Partei der Zweiten Republik. Dass die SPÖ nun bereit ist, die Unabhängigkeit des Rechnungshofs frontal zu attackieren, um die offensichtlichen und von Expertenseite kritisierten Mängel des rot-blauen Deals bei der Parteienfinanzierung zu rechtfertigen, muss einen so rat- wie sprachlos hinterlassen.

Das ist ein Rückfall in frühere, längst überwunden geglaubte Jahrzehnte. Tatsächlich zeichnet die Geschichte der österreichischen Demokratie aus, dass sie von Schwarz und Rot getragen und geprägt wurde, nicht von autonomen Institutionen und schon gar nicht unabhängigen Bürgern.

Tatsächlich mussten sich die Institutionen der Zweiten Republik ihre Unabhängigkeit und Autonomie von Schwarz und Rot erst erkämpfen. Das dauerte und es gelang schließlich mit den Personen, die von den Parteien in ihre höchsten Ämter gehievt und gewählt wurden. So kam es, dass schließlich auch in Österreich die liberale Demokratie ihre größte Stärke entwickeln konnte: Dass nämlich in erster Linie das Amt die Person prägt, und nur in geringerem Maße die Person das Amt.

Dieser Kampf ist nie verlässlich gewonnen, und wer den Unterschied nicht sieht, hat nichts vom Wert unabhängiger Institutionen verstanden und noch weniger von der stets delikaten Balance, welche die Politik im Umgang mit diesen einzuhalten hat.

Genau an dieser so heiklen Stelle setzt die SPÖ mit ihrer Argumentation die schwere Axt an: Die Präsidentin des Rechnungshofs sei mit schwarz-blauer Mehrheit gewählt, weshalb sie nun unter dem Verdacht schwarzer Gefälligkeiten stehe.

Der damit angerichtete demokratiepolitische Flurschaden lässt sich in parteipolitischen Vorteilen nicht ermessen. Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet die Kritik, dass den Parteien - allen Parteien! - nicht zu trauen ist, weshalb ihnen dringend das Recht zu entziehen ist, Personen für die höchsten Ämter der Republik zu wählen; und zwar zwingend, wenn in diesen Ämtern unabhängiges Gebaren geboten und von der Öffentlichkeit verlangt wird.

Die Politik arbeitet, nachdem sie ihre soziale Bindekraft längst eingebüßt hat, nun sogar in ihrem Kernbereich an der eigenen Selbstverzwergung. Und die SPÖ steht dieses Mal ganz vorne mit in der ersten Reihe.