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Warschau an der Donau

Von Martyna Czarnowska

Leitartikel

Warschau ist nicht Budapest. Und irgendwie doch. Nach dem Parlamentsvotum in Polen und der Kommunalwahl in Ungarn häufen sich wieder die Vergleiche zwischen den beiden Hauptstädten. Dieses Mal scheint es auch gerechtfertigt, Parallelen zu ziehen - und die Unterschiede zu betrachten.

Schon vor Jahren träumte PiS-Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski von einem Budapest an der Weichsel. Für seine nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit wünschte er sich im polnischen Parlament eine ähnliche Machtfülle, wie sie der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban für seine Gruppierung Fidesz im Abgeordnetenhaus an der Donau erreicht hatte. Die Politik der beiden trifft sich außerdem bei so manchem Thema: in der Idee starker Nationalstaaten, der Betonung traditioneller, als christlich bezeichneter Werte, in der Ablehnung des Euro. Mit Sozialprogrammen wurden auch Menschen angesprochen, die vom wirtschaftlichen Aufschwung der vergangenen Jahrzehnte weniger profitierten.

Damit konnten und können sowohl Kaczynski als auch Orban punkten. Doch eine Verfassungsmehrheit wie für Fidesz bleibt PiS nach dem Urnengang am Sonntag verwehrt. Die polnische Hauptstadt, die bereits seit dreizehn Jahren von Politikern der Mitte-rechts-Partei PO (Bürgerplattform) geführt wird, war von einer nationalkonservativen Eroberung ebenfalls weit entfernt. In Warschau, wo Kaczynskis Name die PiS-Liste anführte, erhielt die Spitzenkandidatin des oppositionellen Bündnisses "Bürgerkoalition", Malgorzata Kidawa-Blonska, mehr als eineinhalb so viele Stimmen wie der Ex-Premier.

Nun haben auch die Einwohner Budapests die Führung ihrer Stadt in die Hände der Opposition gelegt. Diese hat sich bei der Kommunalwahl, ob gewollt oder zufällig, das Vorgehen der Kollegen in Polen zum Vorbild genommen. Dort hat die Opposition schon bei der EU-Wahl im Mai ihre Kräfte gebündelt und das beim Parlamentsvotum wiederholt. Die zwei Bündnisse links und rechts um die Mitte des politischen Spektrums konnten PiS zwar nicht überrunden, aber immerhin schafften linke Gruppierungen den Wiedereinzug in den Sejm, ins Unterhaus. Hätten die Parteien es allein versucht, wäre der Erfolg fraglich gewesen - ähnlich wie in Ungarn.

In Polen muss die Opposition nun geeint bleiben, will sie dem von PiS betriebenen Umbau des Staates etwas entgegensetzen. Das gilt sowohl für die nationale als auch die kommunale Ebene. Warschau und andere Städte konnten sich bisher gegen Pläne zur Beschneidung ihrer Kompetenzen durchaus behaupten. Die Opposition in Budapest kann sich ein bisschen Warschau an der Donau nur wünschen.