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Worauf die SPÖ nicht hoffen sollte

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Man sollte nicht von vornherein ausschließen, dass etliche in der SPÖ noch nicht sehen, wie kritisch die eigene Lage ist. Und es stimmt ja auch: Nur weil es fast alle Medien ständig schreiben, muss die Realität ja nicht zwingend so sein wie behauptet. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass alle Besserwisser falsch liegen.

Wie sonst gäbe es die unzähligen "Lazarus"-Geschichten von all den Totgeschriebenen, die doch noch immer da sind? Die ÖVP ist so ein Fall; wie oft wurde dieser Partei nicht schon ihr unmittelbar bevorstehendes Ende vorhergesagt! Jetzt ist die ÖVP auch schon wieder zum zweiten Mal hintereinander stimmenstärkste Kraft. Die FPÖ war auch schon öfters quasi erledigt, die Grünen detto; und die Neos sollte es nach dieser Lesart überhaupt gar nicht erst geben.

So gesehen könnte man es also verstehen, wenn gewichtige Kreise in der SPÖ das drohende Ableben ihrer Partei nicht so richtig glauben wollen. Schließlich verfügt die Sozialdemokratie nach wie vor über rund 180.000 Mitglieder, zehntausende Funktionäre und Aktivisten quer übers ganze Land verteilt; sie ist nach wie vor die zweitstärkste Kraft im Nationalrat; und die SPÖ regiert in Wien, diesem politischen wie ökonomischen Energiezentrum der Sozialdemokratie, wo sie, wenn sie denn will, mit der Hilfe der Gewerkschaften die Massen auf die Straße zu bringen vermag.

Womöglich geht es der SPÖ also gar nicht so schlecht, wie jetzt so viele behaupten. Denn vielleicht ist die Gegenwart nur die Folge der üblichen Konjunktur, deren Pendel demnächst wieder zugunsten der Roten ausschlagen wird. Dann wären all die internen Intrigen, Machtkämpfe und Indiskretionen nur Begleiterscheinungen einer vorübergehenden Pechsträhne. Dann würden - endlich, endlich - auch die Stärken von Pamela Rendi-Wagner ihre Wirkung entfalten und nicht bloß ihre Schwächen.

Nach einer solchen Lesart wäre die SPÖ lediglich die Gefangene eines hartnäckigen Tiefs; zweifellos unangenehm und höchst nervig, aber nichts Lebensbedrohliches, würde die Diagnose eines guten Hausarztes lauten. Wenn dem so ist, braucht die SPÖ nur ein paar interne Baustellen anzugehen, die Kommunikation zu professionalisieren, die Differenzen zu moderieren und ansonsten auf die Ankunft besserer Tage zu warten. Eben alles wie eigentlich eh immer.

So gesehen können alle Menschen, die überzeugt sind, dass eine Demokratie ein starkes politisches Zentrum rechts und links der Mitte benötigt, nur hoffen, dass die Verantwortlichen in der SPÖ auf Nummer sicher gehen und tun, was jeder seriöse Krisenmanager machen sollte: Nie auf den "Best Case" hoffen.