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Das Trump-Trauma

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Es sind noch 44 Wochen bis zur spannendsten Wahl des Jahres 2020.


Der 3. November 2020 wird ein Schlüsseltag für die Weltpolitik. An diesem Tag wird sich entscheiden, ob der heute 73-jährige US-Präsident Donald J. Trump weitere vier Jahre an der prestigeträchtigen Adresse 1600 Pennsylvania Avenue, Washington, D.C. residieren wird. Laut Meinungsumfragen wird der zukünftige Bewohner des Weißen Hauses jedenfalls älter als 70 Jahre sein: Der 77-jährige Ex-Vizepräsident Joe Biden kommt in den Umfragen auf 24 Prozent, gefolgt vom 78-jährigen Senator von Vermont, Bernie Sanders (22 Prozent) und der 70-jährigen Senatorin von Massachusetts, Elizabeth Warren (17 Prozent). Freilich: Um Weihnachten 2007 sprach sich eine überwiegende Mehrheit (45 Prozent) für Hillary Clinton als Kandidatin der Demokraten aus, der letztlich 2008 siegreiche Barack Obama lag da noch bei 27 Prozent.

Bis zu den entscheidenden Vorwahlen im ersten Quartal des Jahres 2020 kann also noch viel passieren. So könnte der 37-jährige Bürgermeister von South Bend (Indiana), Pete Buttigieg (aktuell 13 Prozent) den Sprung noch schaffen. Die Gouverneurin von Minnesota, Amy Klobuchar (derzeit 4 Prozent), oder der vielfache Milliardär, Medienmogul und Ex-Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg
(4 Prozent) bräuchten da schon ein Wunder, um noch Chancen bei den Primaries zu haben.

Biden könnte als Ex-Vizepräsident an der Seite Obamas von einer Obama-Nostalgie bei vielen Wählern profitieren, die sich mit Wehmut an eine Zeit erinnern, als ein Mann mit Benehmen und Statur das Amt des US-Präsidenten bekleidet hat. Der Nachteil Bidens ist, dass er Trump in der Ukraine-Affäre (wegen der gegen Trump Impeachment-Ermittlungen laufen) Angriffsfläche bietet. Denn Trump behauptete wiederholt, dass Biden gegen Ermittlungen in der Ukraine gegen seinen Sohn Hunter wegen seiner Tätigkeit für einen ukrainischen Gaskonzern interveniert habe. Für diese Behauptungen gibt es zwar nicht die geringste Basis, was es aber sehr wohl gegeben hat, war zumindest ein Interessenskonflikt.

Sanders wiederum hat eine gut geölte Kampagnenmaschine, die Partei-Linke steht hinter ihm. Sanders ist - wie auch Warren - ein glaubwürdiger Kandidat, wenn es darum geht, die soziale Ungleichheit in den USA anzuprangern und den Verfall der politischen Moral in der ersten Amtszeit Trumps als US-Präsident zu beklagen. Was aber, wenn die Wählerinnen und Wähler angesichts hervorragender Wirtschaftsdaten sich weniger Gedanken um die soziale Ungleichheit machen?

Es sind noch 44 Wochen bis zur US-Wahl. Es wird eine der spannendsten Wahlen unserer Zeit.