Zum Hauptinhalt springen

Habemus Regierung? Fast

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Türkis-Grün ist eine Zweckehe und keine Liebesheirat.


Nach dem ersten Treffen der Koalitionsverhandlungs-Steuerungsgruppe nach der Weihnachtspause haben die Parteichefs von ÖVP und Grünen deutlich gemacht, dass sie nicht davon ausgehen, dass die Gespräche noch scheitern könnten. Geht es nach ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler, soll die Regierung Anfang, spätestens Ende Jänner stehen.

Der weitere Fahrplan wird nun von den Grünen vorgegeben, denn ein möglicher Koalitionspakt muss noch vom Bundeskongress abgesegnet werden.

Doch was bringt Türkis-Grün?

Ein kurzer Farbenlehre-Exkurs: ÖVP-Türkis (Pantone-Farbcode 7709) ist eine Mischung aus Grün und Blau. Mischt man in dieses Türkis (Grün-Blau) weiteres Grün, so verschwindet das Blau, und die dadurch entstehende Mischfarbe ist ein Meergrün.

Der Farbenlehre-Exkurs eignet sich auch durchaus zur politischen Metapher: Denn zumindest für die Grünen ist es ein Ziel, die Malversationen der türkis-blauen Regierung aufzuarbeiten. Da könnte es durchaus noch einmal "Zack, Zack, Zack" gehen. Für so manche FPÖ-Granden wird das in jedem Fall politisch, aber möglicherweise auch juristisch höchst unangenehm. Koglers Ankündigung, für mehr Transparenz eintreten zu wollen, ist nach dem Ibiza-Skandal nur logisch und in diesem Land auch längst überfällig.

Man darf auf die neue Kultur der Zusammenarbeit in dieser türkis-grünen Koalition gespannt sein: Die ÖVP-FPÖ-Vorgängerregierung mühte sich nach Kräften, ein Bild der Geschlossenheit zu vermitteln. Beim Thema Migration und Sicherheit waren beide Seiten nicht allzu weit auseinander, und die ÖVP ließ der FPÖ ihre Steckenpferde (und zwar durchaus im Wortsinn) berittene Polizei und Verhinderung der Durchsetzung des Rauchverbots.

All das wird es bei Türkis-Grün nicht geben. Die Migration wird wieder zum Streitthema werden, und in der Kriminalitätsbekämpfung vertrauen die Grünen eher auf Sozialarbeiter als auf Polizisten. Beim Klimathema ist es da noch vergleichsweise einfach: Österreichische Unternehmer sind bei alternativen Antriebssystemen für Autos aktiv, Österreich ist ein bedeutender Hersteller von Elementen für die Eisenbahn-Infrastruktur und bei Wasserkraft-Technologien in führender Position mit dabei. Und Österreichs Bauern und die Hoteliers der Wintersportorte (beide sind wichtige Wählerpools der ÖVP) haben begriffen, was für sie auf dem Spiel steht.

Dennoch: Diese Koalition wird keine Liebesheirat, sondern eine Zweckehe. Hoffen darf man, dass sich der Ton in der Politik mit der neuen Regierung wieder verbessert und die Republik künftig von Rattengedichten, Ibiza und anderen FPÖ-Skandalen verschont bleibt.