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Rote Richtungswahl

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Im Burgenland geht es um kaum 4 Prozent der Wahlberechtigten - und trotzdem um den künftigen Kurs der SPÖ.


Realpolitisch sind die Niederösterreichischen Gemeinderatswahlen um Welten bedeutender: Im größten Bundesland sind exakt 1.459.044 Bürger wahlberechtigt, im Burgenland lediglich 250.000 oder kaum 4 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten; noch dazu geht es im Land unter der Enns um die eigentliche Machtbasis, die Verankerung in den 567 Dörfern und Städten, während zwischen Kittsee und Güssing lediglich 36 Landtagssitze neu verteilt werden, die dann den Landeshauptmann wählen.

Aber solche Gewichtsfragen bestimmen nicht den Einfluss von Politik. Deshalb richten sich am Sonntag fast alle Augen auf die kleinere Wahl. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Das Votum im Burgenland mutiert durch die neuen Verhältnisse in der Republik zu einer Richtungswahl.

Zuvorderst wird das Ergebnis als Stimmungstest für die künftige Ausrichtung der Sozialdemokratie interpretiert werden. Das gilt weniger für die Funktionäre der SPÖ selbst, dafür umso mehr für Beobachter und Kommentatoren - und zuvorderst für den Chef der SPÖ-Burgenland, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Tatsächlich verfolgt die Landespartei einen prononcierten Gegenkurs zur Bundespartei: Die SPÖ hat im Bund nach wie vor keine in sich schlüssige Haltung zu Migrations- und Integrationsfragen. Doskozil schon. Nicht nur, dass er das von der ÖVP gepushte Kopftuchverbot gut findet, er kann sich auch eine Sicherungshaft theoretisch vorstellen. Und mit dem Kreuz in der Schule hat man im roten Burgenland schon gar kein Problem. Auf der anderen Seite fährt die Landes-SPÖ hart links, wenn es um klassische Arbeitnehmerthemen geht.

Über allen Inhalten aber steht die Koalition mit der ansonsten in der SPÖ verfemten FPÖ. Für viele in der Partei ist dies die größte Provokation. Dabei hat die Landes-SPÖ Rot-Blau immer als Machtdemonstration in Richtung ÖVP verstanden. Viel mitzureden haben die Blauen im Burgendland ohnehin nie.

Erfüllen sich am Sonntagabend die Prognosen, die der SPÖ ein leichtes Plus verheißen, wird Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner zweifellos an der Seite Doskozils in die Kameras strahlen. Das ist ihr zu gönnen nach dem Höllenritt der vergangenen Monate. Kleiner werden ihre Probleme an der Spitze der SPÖ dadurch aber mit Sicherheit nicht.

Doskozil hat schon angekündigt, dass ein allfälliger Wahlsieg seinerseits auch ein inhaltlicher Wink mit dem Zaunpfahl für die Bundespartei zu sein habe. Doch bis zur Wien-Wahl im Herbst wird sich die Partei an das selbstverordnete Ruhegebot halten. Danach aber wird es zur Sache gehen.