Wer nichts verstehen will, streitet weiter, ob Doskozil jetzt ein Rechter oder doch Linker ist.
Mit der burgenländischen Landtagswahl darf das epische Ringen um den Weg in der Migrations- und Integrationsfrage für Österreich als entschieden angesehen werden. Lange hat es gedauert. Wer Wahlen gewinnen will - und nicht mit 5, 10 oder 15 Prozent auch zufrieden ist -, der muss sich im Rahmen dieses Konsenses bewegen: Härte auf Grundlage der bestehenden Gesetze gegen illegale Migration und Integration vor Zuwanderung samt Deutschkenntnissen sowie Eigenverantwortung vor Sozialhilfe.
Die andere Medaille der Absoluten für Hans Peter Doskozil spiegelt den Wunsch nach einer auf Ausgleich und Unterstützung angelegten Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Sein Mindestlohn von 1700 netto für Beschäftigte im Einflussbereich der Landespolitik sowie die Anstellung von pflegenden Angehörigen werden, diese Prognose kann man wagen, zum Standard für die übrigen acht Bundesländer: Wenn es das schwache Burgenland schafft, müssen sich potentere Bundesländer gute Argumente zusammensuchen, warum sie hier nicht nachziehen. Es sei denn, die Kosten dieser Projekte enteilen den Prognosen.
Aber ist die Politik, mit der Doskozil triumphiert hat, jetzt rechts oder links? Schwierig. Es ist auf jeden Fall die falsche Frage. Erstens, weil rechts und links keine sinnstiftende Beschreibung für in sich kohärente politische Positionen mehr sind; zweitens, weil dieses Begriffspaar vorrangig für die Denunziation des politischen Gegners und zur eigenen Selbsterhöhung benutzt wird. Das zeigt sich besonders in der seit Sonntagabend gestarteten Debatte von links, ob die Denunziation von Doskozil und Seinesgleichen als "harte Rechte" nicht vielleicht doch übertrieben war. Das ist eine bemerkenswert verklausulierte Form von Selbstkritik.
Schließlich ist der Sieg der SPÖ im kleinsten Bundesland auch ein Hinweis, dass die Ideologen aller Lager den Stellenwert der Partei beständig und sträflich überbewerten. Alle Parteien können jederzeit Wahlen gewinnen, wenn sie, erstens, glaubwürdige und für die kritische Masse der Wähler attraktive Kandidaten und Kandidatinnen an die Spitze stellen; und wenn sie, zweitens, glaubwürdige Antworten und umsetzbare Antworten auf die drängendsten Fragen, Sehnsüchte, auch Stimmungen ebendieser Wähler haben, statt nur zu fordern, zu poltern und zu beleidigen. Die Farbe einer Partei gerät dann allenfalls zur wichtigsten Nebensache. Das alles sind keine wegweisenden Neuigkeiten, sondern altbekannte Formeln für Erfolg in der Politik. Es ist nur so, dass Parteien, Politiker wie Medien erstaunlich oft den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.