Zum Hauptinhalt springen

Ein Joe für alle?

Von Konstanze Walther

Kommentare

Die Vorwahlen in South Carolina machten Biden zu einem Gewinner.


Am Super Tuesday standen sich die US-Wähler die Beine in den Bauch. In Texas betrug die Wartezeit vor den Urnen bis zu drei Stunden. Mit dieser hohen Wahlbeteiligung hatte niemand gerechnet. Und mit dem Ergebnis auch nicht: Joe Biden, der totgesagte Favorit von vorvorgestern, ist wieder ganz vorne dabei. "Wir haben so etwas noch nie erlebt", heißt es in den US-Medien unisono. Noch nie hat jemand innerhalb von 72 Stunden eine derart rasante Aufholjagd hinlegen können. Bidens erster Sieg war gerade erst geschehen, am Samstagabend in South Carolina. Und dann räumte er furios beim Super Tuesday ab. Biden punktete laut Umfragen vor allem bei jenen Wählern, die erst kurz vor der Wahl entschieden, wem sie ihre Stimme gaben. Entscheidend war für sie dreierlei: South Carolina, Pete Buttigieg und Amy Klobuchar.

Warum South Carolina? Falls Biden die demokratische Nominierung erhält, kann er diesem südlichen Bundesstaat ein besonderes Denkmal setzen. Dort wirkte Biden bei öffentlichen Diskussionen besonders vereinend und menschlich. Deutlich wurde: South Carolina rechnet Biden nach wie vor hoch an, dass er damals mit Präsident Barack Obama nach Charleston gekommen war, um den Opfern des rassistischen Anschlags von 2015 seinen Respekt zu zeigen.

In diesem Kreis und mit der offiziellen Unterstützung von schwarzen Pastoren wirkte Biden auf einmal nicht mehr wie ein Politiker, der seinen Zenit schon überschritten hat, sondern wie ein Mann, dessen Talent es ist, Brücken zu schlagen und glaubhaft an die Einheit zu appellieren.

Nach Bidens Sieg in South Carolina fielen alle Domino-Steine in seine Richtung. Zwei moderate Mitbewerber - Buttigieg und Klobuchar - stiegen aus dem Rennen aus und stellten sich hinter Biden. Das Partei-Establishment zog nach und streute ihm Rosen. Und auf einmal überholte Biden den haushohen Favoriten Bernie Sanders am Super Tuesday. Amerikaner in der Ära von Donald Trump fühlten sich angesprochen von einem offensichtlich empathischen Mann, der mit freundlicher Stimme von Vergebung und verbindenden Elementen redet und Sachthemen pragmatisch lösen will. Der Vorwurf an seinen Konkurrenten Sanders ist ja immer, er sei zu sehr spaltend mit seinen Ideen. Mit Michael Bloombergs Ausscheiden ist ein weiterer Moderater aus dem Rennen, der sich nun offiziell hinter Biden stellt. So weit, so gut.

Der Endgegner für die Demokraten ist Trump im November. Die meisten Staaten, die jetzt für Biden stimmten, sind bei Präsidentschaftswahlen in der Regel fest in republikanischer Hand. Da bringt Biden seine Beliebtheit bei jenen Südstaatlern, die demokratisch tendieren, nichts. Die waren oft in der Minderheit.