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Zurückverzwergt

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Ausgerechnet die Politik fällt noch in der Krise als Erste in schlechte Gewohnheiten zurück.


Lange hat es nicht gedauert. Spätestens mit dieser Woche hat die heimische Innenpolitik den Ernst der für so viele Bürger existenziellen Corona-Krise abgelegt und ist wieder in die freigewählte Selbstverzwergung zurückgekehrt. Und das Bitterste daran: Als Bühne für dieses traurige Schauspiel wurde von den Akteuren das Parlament bestimmt, wo doch eigentlich das Herz einer Demokratie schlagen sollte.

Keine Fraktion und keine Partei hat bei dieser Budgetdebatte den richtigen Ton getroffen. Das beginnt mit den Regierungsparteien und dem Finanzminister an der Spitze, die nicht und nicht erkennen wollten, dass sich für jedes Parlament, das diesen Namen verdient, beim Budget der Spaß aufhört und der politische Ernst beginnt, ja beginnen muss.

Das Recht, über Einnahmen und Ausgaben zu bestimmen - und diese zu kontrollieren -, ist nicht irgendeine Kompetenz, sondern der Kern des parlamentarischen Selbstverständnisses. Daraus ergibt sich das so hartnäckige wie berechtigte Pochen der Opposition auf die bestmöglichen Zahlen zum laufenden Corona-Budget. Diese Forderung als unmöglich oder - schlimmer noch - irrelevant abgetan zu haben, ist die zentrale politische Fehlleistung, die der türkis-grünen Regierung und ihren Fraktionen zur Last zu legen ist. Dass es im Zuge der Budgeterstellung zu etlichen technischen Fehlern gekommen ist, muss dabei fast als Nebensache bewertet werden. Das soll zwar nicht, kann aber immer wieder passieren.

Die Fehlleistung der Opposition liegt darin, dass SPÖ, FPÖ und Neos ihr berechtigtes Anliegen selbst zum Spektakel herunterinszeniert haben. Das Gejohle um technische Fehler, das übermütige Triumph-Gehabe, die "anderen" ordentlich aufgeblattelt zu haben, sind die Kennzeichen jenes kleingeistigen Hickhacks, das seit Jahren die politische Kultur im Land beschädigt.

Das war schon in normalen Zeiten mehr als unschön zu verfolgen; jetzt, in der größten wirtschaftlichen Krise seit 1945, wirkt der Gegensatz umso befremdlicher: da die Abgeordneten, die einander im Plenum in ihrer kleinen Welt bekriegen; dort die Vielzahl an unterschiedlichsten Menschen, die gerade um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen und sich existenzielle Sorgen um ihre Zukunft machen.

Die - womöglich von Anfang an unwahrscheinliche - Möglichkeit, dass sich in einer Krise ganz besonders die politischen Akteure von ihrer besten Seite zeigen, war nur von kurzer Dauer. Dass ausgerechnet die Politik noch vor der Gesellschaft als Erste in die alten, wenig vorteilhaften Verhaltensmuster zurückfällt, ist eine Enttäuschung.