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Das Weltwirtschaftsvirus

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Die schlechte und die noch schlechtere Nachricht des IWF.


Für jene, die das Virus wirkungsvoll bekämpfen, hält sich auch der wirtschaftliche Schaden in Grenzen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält im Jahr 2020 eine schlechte und eine noch schlechtere Nachricht für die Weltwirtschaft bereit. Im April prognostizierten die IWF-Ökonomen für die globale Wirtschaft ein Minus von
3 Prozent - die schlimmste Rezession seit der Großen Depression in den 1930er Jahren. Doch nun haben die Expertinnen und Experten in Washington ihre Prognose revidiert: Die Lage ist nicht nur ernst, sondern verzweifelt. Die Weltwirtschaft dürfte nach jetziger Datenlage im Jahr 2020 um 4,9 Prozent schrumpfen - wenn nicht eine zweite Covid-19-Welle mit ähnlicher Wucht wie die erste über den Planeten schwappt. Denn dann wird es noch schlimmer.

Die negativen Folgen für die Wirtschaft sind dramatisch: Die globale Wirtschaftsleistung wird den Berechnungen des IWF zufolge in den Jahren 2020 und 2021 um insgesamt 12,5 Billionen Dollar (11 Billionen Euro) geringer ausfallen. Die Erholung geht langsamer als gedacht, der Konsum ist stärker eingebrochen, und die Sparquoten sind gestiegen. Selbst Bill Gates rechnete bei seinem apokalyptischen TED-Talk im Jahr 2015 vor, dass die Weltwirtschaft im Falle einer Pandemie nur um 3 Billionen Dollar pro Jahr schrumpfen werde. Es ist schwer, sich eine Billion vorzustellen: Das ist eine 1 mit zwölf Nullen: 1.000.000.000.000. Mit einer Billion Euro könnte man den österreichischen Bundeshaushalt zwölf Jahre finanzieren, der Staat müsste zwölf Jahre lang keinen Cent Steuern einheben.

Kaum überraschend ist, dass jene Länder, die in der Pandemiebekämpfung versagt haben - Frankreich, Italien, Spanien (jeweils minus 13 Prozent), Großbritannien (minus 10,2 Prozent) oder die USA (minus 8 Prozent) -, nun den größten Wirtschaftseinbruch zu verzeichnen haben. Ländern, die gut auf die Krise reagiert haben - wie Deutschland (2020: minus 7,8 Prozent, 2021: plus 5,4 Prozent), Südkorea oder auch China -, wird hingegen für 2021 eine kräftigere Erholung zugetraut.

Jene, die einen Zielkonflikt zwischen dem Schutz vor der Pandemie und dem Schutz vor dem Wirtschaftskollaps gesehen haben, irrten. Denn ein Wiederhochfahren der Wirtschaft ist möglich, sobald die Bevölkerung sich vor der Ansteckungsgefahr halbwegs sicher wähnt. Je wirkungsvoller die Regierung eines Landes die Pandemie eindämmen konnte, desto geringer fiel der volkswirtschaftliche Schaden aus.

Weitergedacht bedeutet das, dass kompetente Verwaltungssysteme, eine gute Gesundheitsversorgung und ein leistungsfähiger Sozialstaat die Basis für eine krisenresistente Volkswirtschaft sind.