Zum Hauptinhalt springen

Verheerende Signale

Von Simon Rosner

Leitartikel

Ohne Vertrauen kann das Bankwesen nicht funktionieren.


Die Bankenkrise 2008 hatte nicht nur eine Wirtschaftskrise, eine Schuldenkrise und die Euro-Krise zur Folge, sondern zeitigte auch eine Vertrauenskrise. In Österreich gaben damals zwei Drittel an, kein Vertrauen mehr in Banken zu haben. Aus honorigen Bankiers waren in den Augen vieler gierige Banker geworden, die mit Derivaten jonglierten und in der Karibik mit Swaps spekulierten, was immer das auch sein mag. Und wie konnte es überhaupt passieren, dass kleine Banken in Europa für Kredite von Häuslbauern aus Florida hafteten?

Für viele war nicht mehr nachvollziehbar, wohin sich die Finanzmärkte entwickelt hatten. Die Politik reagierte unter anderem mit schärferen Regulierungen, Basel-III wurde beschlossen, unter anderem auch, um dem Vertrauensverlust entgegenzuwirken. Denn der ist potenziell verheerend. Bankgeschäfte verlangen Vertrauen. Die Kunden geben der Bank ihr Geld als Einlage, das würden sie nicht tun, glaubten sie, ihr Geld sei dort unsicher. Umgekehrt braucht es Vertrauen der Bank, dass ein Kreditnehmer seine Schulden samt Zinsen begleichen kann. Und das Vertrauen zwischen Banken ist ebenfalls wichtig. Es ist kein Zufall, dass historisch Familienverbände und Kirchen eine Rolle in der Entwicklung des Bankwesens spielten, später auch die Zugehörigkeit zum Bauernstand oder zur Arbeiterklasse.

Martin Pucher stand mit seiner Commerzialbank für das exakte Gegenteil dessen, was in den Krisenjahren zum negativen Stereotyp des Bankers wurde. Pucher war bodenständig, seine Bank regional. Er wollte auch nicht, wie andere heimische Institute, nach Osteuropa wachsen, was einigen nicht gerade gut bekam. Er war auch keiner dieser Banker mit Hang zu Statussymbolen, sieht man einmal vom Fußballklub ab. Doch selbst in diesem Wohnzimmer der Eitelkeit schillerte Pucher nicht wirklich. Er war halt da.

Es ist offensichtlich, dass Pucher viele vertrauten. Und umgekehrt war es nicht anders. Etliche Unternehmer erhielten Kredite, die anderswo abgelehnt worden wären. Das ist nicht per se unseriös. Man kennt einander, kann die Kreditwürdigkeit besser einschätzen, der soziale Druck, Schulden nicht zu zahlen, ist auch ein Faktor. Das kann schon funktionieren. Nicht aber in diesem Fall, auch wenn noch unklar ist, wie sich ein Loch von 500 Millionen Euro bei einer so kleinen Bank auftun kann.

Die personifizierte Antithese zu allem Schlechten aus 2007/08 ist nun in sich zusammengefallen. Und die ostentative Bodenständigkeit wird zur Bedrohung für die Region, wenn viele Betriebe ihre Einlagen verlieren. Der Fall Pucher könnte ein weiterer Baustein des Vertrauensverlusts in Banken werden. Zumal die Kontrollinstanzen versagten.