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Toxischer Trumpismus

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Mit Haut und Haar dem Trumpismus verfallen.


Ach, Amerika! Donald Trumps Beleidigungen, seine Lügen und Provokationen und sein bizarres Schmierentheater hat das Publikum müde gemacht. Die Liste seiner Tabubrüche ist lang. Historiker werden eines Tages darüber zu urteilen haben, der wievieltschlechteste Präsident der Vereinigten Staaten der Reality-TV-Star und Immobilien-Milliardär Donald Trump ist.

Diese Woche wirbt Trump auf dem Parteikonvent der Republikanischen Partei für seine Wiederwahl am 3. November 2020. Unter den Rednern sind auffällig viele Familienmitglieder des Familien-Clans. Gleich am ersten Tag trat Donald Trump - entgegen den Usancen - höchstpersönlich auf. Gleich vorweg zog er die Integrität des Wahlvorganges in Zweifel: Die Demokraten würden danach trachten, ihm den sicheren Wahlsieg mit Wahlfälschung zu entreißen.

Trump ist Trump. Der Mann ist nicht an den Normen normaler, vernünftiger, zivilisierter Politik eines demokratischen Staates zu messen - und das nicht erst seit dem 7. Juni 2016, dem Tag seiner Nominierung zum Kandidaten der republikanischen Partei.

Dennoch gibt es zwei Fakten, die rund um Donald Trump bis heute schockierend sind:

Erstens: Hätte das Corona-Virus nicht die Inkompetenz des Weißen Hauses und die Schwächen des amerikanischen Wirtschaftssystems offengelegt, dann hätte Donald Trump eine mehr als intakte Chance auf einen Wiedereinzug ins Weiße Haus nach der Wahl am 3. November 2020. Im Moment gehen die Umfragen von einer deutlichen Niederlage Trumps aus.

Dass weite Teile der US-Wählerschaft bereit sind, Trumps antidemokratischen Instinkte und seine Verachtung für demokratische Institutionen und rechtsstaatliche Prinzipien einfach hinzunehmen, ist zutiefst beunruhigend. Sollte Trump die Wahlen am 3. November verlieren, dann wird nicht dessen mangelndes demokratisches Bewusstsein der Grund dafür gewesen sein, sondern seine Unfähigkeit. Zweitens: 2016 hat das republikanische Parteiestablishment noch versucht, Trump als Kandidaten zu verhindern. Heute sind die Republikaner ein Trump-Wahlverein. Es gibt zwar ein Grüppchen von ehemaligen Top-Leuten, die der Partei den Rücken gekehrt haben, ein weiterer kleiner Teil ist in offener Opposition zu Trump, die überwiegende Mehrheit des Republikanischen Establishments ist mit Haut und Haar dem System Trump verfallen. Es steht für die Republikaner nichts weniger auf dem Spiel als die Seele einer Partei, die früher einmal Wertkonservativen wie Radikalliberalen eine politische Heimat geboten hat. Den Republikanern ist eine vernichtende Niederlage Trumps zu wünschen: Denn nur dann kann die Partei den toxischen Trumpismus aus ihrem System spülen.