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Trumps Flirt mit dem Feuer

Von Konstanze Walther

Leitartikel

Es ist politisches Kalkül, keine versöhnlichen Töne zu finden.


Die Demonstrationen gegen Polizeigewalt in den USA sind in diesem Jahr offenbar gekommen, um zu bleiben. Nicht zuletzt, weil es auch nach George Floyd immer wieder zu neuen Fällen von polizeilicher Gewalt gegen Afroamerikaner kommt. In Kenosha etwa wurde Jacob Blake Ende August siebenmal in den Rücken geschossen: Weil er - vielleicht - ein Messer in seinem Umfeld hatte - an sich, oder im Auto. Was beides nicht verboten wäre. Kein Wunder, dass viele Menschen gegen dieses Amtsverständnis demonstrieren.

Das passiert zum Teil nicht immer friedlich. Allerdings sind gerade an der Eskalation und Plünderung weniger jene beteiligt, die gegen Rassismus demonstrieren, sondern es sind unter anderem Gelegenheitskriminelle und Anarchisten dabei, die sich keinem Lager zugehörig fühlen. Zum Teil werden die Proteste auch gezielt von rechten Gruppierungen als Spielplatz verwendet, um den Hass weiter anzufachen.

Bei einem Anti-Rassismus-Protest in Minneapolis zerstörte etwa der "Regenschirm"-Mann mehrere Fenster. Später identifizierte ihn die Polizei als einen ultrarechten Weißen.

Während der demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden von Anfang an erklärte, er verurteilte die Gewalt auf beiden Seiten, lehnte das der republikanische Präsident Donald Trump stets dezidiert ab. Für Trump ist klar, wer wer ist. Die Polizei ist gut. Jene, die gegen Rassismus protestieren, sind "Inlandsterroristen". Und jene, die sich den Demonstranten entgegenstellen, auch wenn sie die Gewalt erst anzetteln, inklusive aller selbst ernannten Milizen, sind die Friedfertigen.

Sogar der 17-jährige Weiße, der extra die Grenze von Bundesstaaten überquerte, und dann in Kenosha zwei Menschen erschoss, wurde von Trump vorab pardoniert: Der Jugendliche habe sich wohl nur selbst verteidigen wollen.

Trump und sein Team negieren das Grundproblem ("es gibt keinen systemischen Rassismus") und schieben die Schuld für die Eskalation der Proteste den Demokraten zu. Proteste finden nun einmal in Städten statt. Und die sind in den USA mehrheitlich demokratisch regiert. Dass Trump keine versöhnlichen Töne anschlägt, ist dabei politisches Kalkül: Denn der Präsident, der lange hinter Biden in den Umfragen lag, hat nun endlich sein Wahlkampfthema gefunden: Es ist "Law and Order". Oder, wie es seine ehemalige Beraterin Kellyanne Conway sogar offen zugibt: "Je mehr Chaos, Anarchie, Vandalismus und Gewalt zunehmen, desto besser ist es für die klare Wahl" für Sicherheit und Ordnung. Wisconsin, der Bundesstaat in dem Kenosha liegt, ist übrigens ein Swing State. 2016 ging er an Trump, derzeit liegt dort Biden in den Umfragen vorne - noch.