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Zurück im Tal

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Wie Sisyphos stehen wir im Kampf gegen das Virus wieder am Anfang. Die Not ist allerdings selbst verschuldet.


Der Mythos von Sisyphos ist ein treffendes Bild für die Corona-Zeit. Der Gründer von Korinth hielt sich - salopp ausgedrückt - für superschlau und narrte die Götter, allen voran den Tod, ein ums andere Mal. Zur Strafe für seine Taten muss er auf immer und ewig einen schweren Stein einen Berg hinauf rollen, der - kurz vor dem Gipfel - verlässlich wieder hinab rollt.

Albert Camus war trotzdem überzeugt, dass wir uns den von den Göttern verfluchten Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen sollten, weil, wie der Philosoph schreibt, der "Kampf gegen Gipfel ein Menschenherz auszufüllen vermag".

Nun, der Kampf gegen das Virus ist zweifellos ein solcher Gipfel und in der Lage, ein Menschenherz auszufüllen. Und womöglich war es auch von vornherein unvermeidbar, dass der Stein, den wir mühsam im Frühjahr den Berg hinauf gerollt haben, nun erneut unten im Tal liegt. Zweifellos haben dabei die "Frevel" der Menschen - sprich: die Sorglosigkeit vieler Bürger über den Sommer im Verein mit Fehlern der Regierenden - den Ausschlag gegeben. Sich "superschlau" zu fühlen, liegt eben in der menschlichen Natur, allzeit bereit, den Göttern in Gestalt des Virus ein Schnippchen zu schlagen.

Die massiv gestiegenen Infektionszahlen haben dieser Illusion nun ein abruptes Ende bereitet. Übrigens auch der Vorstellung, man könne auch mit wachsenden Covid-19-Fällen einfach weitermachen wie bisher. Die deutsche Reisewarnung für Wien hat diesen Träumern deutlich gemacht, dass der Überlebenskampf weiter Teile der österreichischen Volkswirtschaft auf Gedeih und Verderb daran hängt, wie wir von unseren wichtigsten Nachbarn und Handelspartnern gesehen werden.

So gesehen hat die Regierung nun mit den neuerlichen Verschärfungen die Notbremse gezogen. Ziel muss es sein, dass Wien und Österreich als Ganzes ganz schnell wieder vom Radar für Reisewarnungen verschwinden. Ansonsten wird die hiesige Tourismusbranche in der Bundeshauptstadt, aber auch in den anderen Regionen, nur noch als Trümmerlandschaft die Zeit erleben, wenn es endlich Impfung und Medikamente gegen das Virus geben wird.

Das Bild von Sisyphos passt aber auch für die vielen leeren Meter, die bei Corona bereits zurückgelegt wurden. Corona-Ampel wie Corona-App hatten beide einmal die Rolle zentraler Ecksteine in einer umfassenden Strategie. Beide haben sich jedoch als Rohrkrepierer erwiesen. Fatalisten würden von Übermut sprechen, der selten guttut. Über die Zuweisung der Verantwortung für diese Pleiten wird trotzdem noch zu reden sein.