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Die leichteste Übung

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Nichts an der bestehenden Hacklerregelung ist vernünftig. Eine schnelle Reform ist deshalb richtig.


In der Politik soll und muss es auch um Interessen und Gefühle gehen, aber ganz ohne Vernunft fährt die Res publica verlässlich gegen die Wand. Wie das geht, zeigt die jahrzehntelange Debatte um die sogenannte Hacklerpension in Österreich. Dabei ist der eigentliche Grundgedanke richtig: Es macht einen Unterschied, ob jemand über Jahrzehnte schwere körperliche Arbeit am Bau, in der Pflege oder sonstwo verrichtet oder einem Bürojob nachgeht. Und dieser Unterschied muss auch bei der Pensionsregelung berücksichtigt werden. Doch dieser richtige Grundgedanke kam in Österreich vom richtigen Weg ab. Insbesondere die jüngste Ausweitung der Hacklerregelung vom Herbst 2019 - bezeichnenderweise einmal mehr unmittelbar vor einer Nationalratswahl -, die die Rückkehr eines abschlagsfreien Pensionsantritts nach 45 Arbeitsjahren ab dem 62. Lebensjahr brachte, löst nicht nur kein Problem, sondern verschärft bestehende Ungerechtigkeiten und Schieflagen des österreichischen Pensionssystems. Das richtete übrigens auch die EU-Kommission Österreich zu Jahresbeginn aus.

Nicht nur, dass bestehende Privilegien durch diese Maßnahmen verstärkt wurden - von der Änderung profitieren ausschließlich Männer, noch dazu solche, die ohnehin eine überdurchschnittlich hohe Pension beziehen -, verschärft die Maßnahme auch durch Kumulationseffekte die Stabilität der Alterssicherung. Statt nämlich am persönlich wie politisch wenigsten schmerzhaften Rad zu drehen, der Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters, setzt die ausgeweitete Hacklerregelung einen weiteren Anreiz, noch früher in den Ruhestand einzutreten, und das häufig aus einem intakten Arbeitsverhältnis heraus. Die Mehrkosten gehen über die Jahre in die Milliarden.

Nun ist die im Koalitionsvertrag paktierte Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters, die praktisch wohl auf eine Rücknahme der Hacklerregelung hinausläuft, zurück auf der Tagesordnung. Warum, ist auch klar: Die Corona-Pandemie beschleunigt und verschärft ohnehin bestehende Fehlentwicklungen. Die Krise sorgt für eine Verdoppelung der Pensionseintritte aufgrund der Hacklerregelung - und damit auch für die Verdoppelung der finanziellen Mehrbelastung für das Pensionssystem. Sehr viel leichtere Wege, eine erhebliche Kostendynamik einzubremsen - es geht wohlgemerkt nicht um Einsparungen, sondern um geringere Mehrausgaben! - wird die Regierung schwerlich finden. Sie sollte sie schnell nutzen, zumal es an belastbaren Gegenargumenten mangelt.