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Unerträgliche Rechthaberei

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Die Corona-Krise ist längst nicht beendet, doch die Politik hat nur die Auf- und Abrechnung im Kopf.


Über Schuld, Fehler, Missmanagement und die daraus resultierende politische Verantwortung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird zu reden sein. In aller Offenheit und mit der gebührenden Härte. Und es braucht auch nicht viel Fantasie, um einen Untersuchungsausschuss kommen zu sehen.

Soll sein, muss sein, wird sein. Die Zeit dafür wird 2021 kommen, und 2022 wird - im Wissen, wie groß und politisch ergiebig dieses Thema sein wird - die Arbeit daran sicher nicht fertig sein.

Diese Zeit der Auf- und Abrechnung wird der einschlägig interessierten Politik niemand wegnehmen. Das lässt sich von den Aufgaben im Hier und Heute leider nicht mit der gleichen Gewissheit behaupten. Wie wir durch den Rest des heurigen Jahres und womöglich auch noch durch das zweite Quartal des kommenden Jahres kommen, wird die Corona-Schadensbilanz massiv nach unten oder nach oben treiben - bei der Anzahl der Toten, volkswirtschaftlich, in der Summe der Unternehmenspleiten, aber auch bildungspolitisch und als Gesellschaft insgesamt.

Organisation und Durchführung der Massentests, die logistischen Vorbereitungen auf die Impfaktion durch Bundesregierung, Bundesländer, Experten und Ehrenamtliche, unser Verhalten ab dem Moment neuerlicher Lockerungen: Diese Herausforderungen gilt es in den kommenden Wochen so erfolgreich wie nur möglich zu bewältigen, um die kolossalen Schäden nicht noch weiter anwachsen zu lassen.

Eigentlich sollte man als Bürger davon ausgehen können, dass diese Anforderung eine Selbstverständlichkeit ist. Geht man jedoch von dem Bild aus, das die heimische Politik seit Herbst bietet, so kann davon keine Rede sein. Die Debatten im Nationalrat und bei TV-Runden sind von einer aufgeladenen Aggressivität und Gehässigkeit, dass man sich nur schwer vorstellen kann, dass dieselben Leute in Abwesenheit von Kameras und Mikrofonen noch willens und in der Lage sind, gemeinsam an einem Strick und in die gleiche Richtung zu ziehen. Jede einzelne Wortmeldung dreht sich nur noch um die eigene Rechthaberei sowie um die Fehler und Verkommenheit der anderen. Ausnahmen müssen mit der Lupe gesucht werden.

Nach dieser Krise droht nun nicht mehr nur die Wirtschaft samt den Staatsfinanzen am Boden zu liegen, sondern auch die politische Kultur. Dass es diesbezüglich immer tiefer und noch tiefer gehen kann, das hätte man sich eigentlich nach den schon tiefen Erfahrungen aus den Jahren 2017 bis 2019 nicht vorstellen wollen. Aber auch das war wohl ein Denkfehler.