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Ernüchternde Bilanz nach den Massentests

Von Brigitte Pechar

Leitartikel

Wo bleibt die Rücksicht der Individuen auf das Ganze?


Die Massentestung ist fast abgeschlossen. Von neun Millionen Menschen, die in Österreich leben, sind zwei Millionen dem Aufruf der Bundesregierung - mit Unterstützung der größten Oppositionspartei SPÖ - gefolgt. Eine Ernüchterung.

Um Ausreden, "warum gerade ich nicht gegangen bin", ist man dabei nicht verlegen: "Ich halte mich ohnehin strikt an die Vorschriften." "Ich war gerade erst beim Zahnarzt, da will ich mir jetzt nicht in der Nase herumbohren lassen." "Das ist ja nur eine Momentaufnahme." "Ich weiß nicht, wofür das gut sein soll." Interessanterweise kommen solche "Argumente" sogar von Ärzten.

Hier ein und für allemal: Testen, testen, testen gilt als ein wesentliches Mittel gegen diese Coronavirus-Pandemie - und zwar seit Februar. Die Bevölkerung könnte das bis jetzt schon gelernt haben. Bei den Massentests geht es nicht darum, Menschen unnötig zu ärgern, sondern darum, möglichst viele bisher unentdeckte infizierte Personen herauszufiltern und so ansonsten unerkannt gebliebene Superspreader zu neutralisieren. Mit dem ganz wunderbaren Effekt für die gesamte Gesellschaft: die Infektionsrate zu senken, weitere Einschränkungen oder gar einen weiteren Lockdown zu verhindern.

Jeder, der sagt, das gehe ihn nichts an, sollte sich einmal vor Augen führen, wie das so wäre, wenn die Gesellschaft dann im Gegenzug - etwa bei einer Erkrankung oder einer Arbeitslosigkeit dieser Person aufgrund des Wirtschaftseinbruchs wegen der Pandemie - sagen würde: "Das geht uns nichts an." Da wüsste man dann schon um seine Rechte und wie es gehen könnte, diese einzufordern - und besonders in Österreich gibt es wirklich viele Rechte, die eingefordert werden können. Wo aber bleibt die Rücksicht der Individuen auf das Ganze, auf die Gesellschaft als solche?

Wie schauen wir auf einander? Gar nicht mehr? Ist es egal, ob die Frau des Nachbarn stirbt, solange wir nicht direkt betroffen sind? Ist es egal, wenn besonders Kinder von der Pandemie betroffen werden, die ohnehin schon benachteiligt sind? Wo bleibt die Verantwortung des Einzelnen für das gemeinsame Haus Österreich, das gemeinsame Haus Europa, das gemeinsame Haus Welt? Hier wäre das Wort von John F. Kennedy, das er bei seiner Amtseinführung am 20. Jänner 1961 sagte, wieder passend: "Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt."

Und noch ein Wort zu jenen, die ständig wiederholen, dass man sich nicht mehr auskenne: Es gilt, was bereits seit März dieses Jahres gilt: Abstand halten, Kontakte auf ein absolutes Minimum reduzieren, Maske tragen, Hände waschen, Stoßlüften. Das sind sehr einfache Regeln - man muss sie nur beherzigen.