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Korruptionsjäger schießen sich ins eigene Knie

Von Daniel Bischof

Leitartikel
Daniel Bischof ist Innenpolitik-Redakteur bei der "Wiener Zeitung".

Die WKStA ist im Austeilen wesentlich besser als im Einstecken.


Mangelndes Selbstvertrauen kann der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nicht vorgehalten werden. Regelmäßig kritisiert sie Einflussnahmen der Oberbehörden und legt sich mit ihren Vorgesetzten an. Im Ibiza-U-Ausschuss stellten Staatsanwälte die WKStA dann auch als Elitebehörde dar, die es trotz aller Widrigkeiten mit den Mächtigen aufnimmt.

Im Austeilen ist die WKStA aber wesentlich besser als im Einstecken. Das zeigt die Anzeige der Behörde gegen eine "Presse"-Journalistin, die einen der WKStA nicht genehmen Bericht verfasst hatte: Mehrere Oberstaatsanwälte zeigten sie wegen Verleumdung, Beleidigung und übler Nachrede an. Die damit befasste Staatsanwaltschaft Wien sah bereits davon ab, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten: Bei einer am Recht der freien Meinungsäußerung orientierten Betrachtung erfülle der Artikel keinen strafrechtlichen Tatbestand, hielt sie völlig zu Recht fest.

Ein bitterer Nachgeschmack bleibt. Die Anzeige wirkt wie eine Retourkutsche der WKStA gegen eine unliebsame Reporterin. Die "Presse"-Journalistin hatte nämlich bereits öfters kritisch über die Behörde geschrieben. Was sollte nun also mit der Anzeige erreicht werden? Diente sie der Einschüchterung? Oder glaubten die Strafrechtsexperten tatsächlich an eine Verurteilung? Jede Pressestelle müsste wissen, dass solche Fragen auftauchen würden und die Anzeige nur nach hinten losgehen konnte. Gerade auch, weil bereits die gegenseitigen Anzeigen von Justizvertretern - unter anderem von Staatsanwälten der WKStA - im Jahr 2019 öffentlich nicht gut ankamen: Dadurch entstand der Eindruck eines vollkommen zerstrittenen Justizressorts.

Die Anzeige reiht sich in eine Reihe von krassen Fehleinschätzungen der WKStA ein. In der BVT-Affäre ließ sie sich vom FPÖ-geführten Innenministerium hertreiben. Die Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz führte zu einem sicherheitspolitischen Fiasko: Partnerdienste schränkten den Informationsfluss nach Österreich auf ein Minimum ein.

Mit solchen Fehlleistungen schießt sich die WKStA ins eigene Knie und bestärkt politische Kräfte, die gegen sie arbeiten. Das ist fatal, ist die Behörde doch ein Stützpfeiler der Strafverfolgung. Denn Korruption ist die Geißel jeder Gesellschaft. Dass sie von einer spezialisierten Behörde bekämpft und geahndet wird, ist unerlässlich. Anti-Korruptionsexperten betonen regelmäßig, welch wichtige Rolle der WKStA zukommt. Darauf sollten sich die Korruptionsjäger besinnen, statt unliebsame Journalisten anzuzeigen.