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So viel Freiheit wie möglich

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Der grüne Pass ist richtig - die Probleme auf dem Weg dorthin werden einmal mehr erheblich sein.


Egal, ob der innenpolitischen Not geschuldet, der Notwendigkeit, der Spirale der zunehmend massiven Kritik am Krisenmanagement zu entfliehen, oder dem Wissen, dass das Tourismusland Österreich nicht noch eine Saison ohne ausländische Besucher übersteht: Das Vorpreschen der Bundesregierung beim Immunitätsnachweis ist richtig. Dass ein solcher grüner Pass, um sinnvoll funktionieren zu können, einen europäischen Rechtsrahmen benötigt, ist so offensichtlich wie selbstverständlich.

Für den FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ist ein solcher Nachweis "der Einstieg für den Entzug der Grundrechte". Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Der grüne Pass soll es Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten ermöglichen, von ihren Freiheitsrechten so weit wie epidemiologisch möglich Gebrauch zu machen, einfach weil sie nicht zur Verbreitung des Coronavirus beitragen.

Dass Genesene und Geimpfte nicht denselben Auflagen unterliegen sollten, darauf hat die "Wiener Zeitung" bereits im April 2020 hingewiesen. Das ist nicht nur ethisch, sondern auch wirtschaftlich dringend geboten. Jede freiheitsbeschränkende Maßnahme muss, um überhaupt zulässig zu sein, notwendig, zielführend und verhältnismäßig sein.

Wenn der Zweck der Isolation bei Immunen wegfällt, gibt es keinen Grund mehr, die Einschränkung der Freiheiten weiter aufrechtzuerhalten. Das kann eigentlich nur anders sehen, wer behauptet, die Pandemie rechtfertige überhaupt keine oder jedenfalls nur sehr eng beschränkte Maßnahmen - und dies entgegen den wissenschaftlich belegten Erkenntnissen aller seriösen Experten rund um den Globus.

Angesichts der administrativen und organisatorischen Probleme, die bisher noch bei jedem einzelnen Schritt im Kampf gegen die Pandemie und ihre Folgen aufgetreten sind, wäre es naiv zu vermuten, die Planung, Umsetzung und Anwendung eines solchen Immunitätsnachweises werde einfach von der Hand gehen. Da sind die technischen Probleme der Datenerfassung und -speicherung, der Verifizierung und der Zugriffsrechte und schließlich die Hürde der Koordination und Abstimmung innerhalb der EU-27 und darüber hinaus.

Antworten darauf wird es nur schrittweise geben, ein großer Wurf mit einem Schwung ist - auch das ist eine Lehre aus der Corona-Krise - völlig illusionär, weil es die Staaten wie die EU überfordern würde. Wen davon mehr, ist eine spannende, noch immer unentschiedene Frage. Am Ende muss jedoch eine gesamteuropäische Lösung stehen. Und eigentlich sogar mehr.