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Wie Doping für die Kritiker

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Nichts motiviert Boxer mehr als die Erkenntnis, dass ihre Treffer Wirkung zeigen.


So schnell kann ein Jobtraum platzen. Thomas Schmid setzte unter Türkis-Blau die Republik in Bewegung, um Alleinvorstand der neu strukturierten Verstaatlichten-Holding Öbag zu werden. Am Dienstag wurde sein Abschied per März 2022 mit Auslaufen seines Vertrags bekannt.

Gewackelt hat Schmid, seit im Zuge der Ibiza-Causa bekannt wurde, dass er sich Gesetz wie Ausschreibung auf den eigenen Leib geschneidert hatte. Doch erst der fatale Eindruck der öffentlich gewordenen Chat-Nachrichten, die einen verstörenden Einblick in die Art und Weise gaben, wie der innerste Kreis der türkisen ÖVP um Sebastian Kurz in vermeintlicher Vertrautheit miteinander kommuniziert, hat Schmid zur schweren Belastung werden lassen. Für die Verstaatlichten-Holding wie für die ÖVP.

Die nun gewählte Vorgangsweise - Schmids Verbleib bis Ende Februar 2022 - birgt für alle Beteiligten ein erhebliches Risiko. Für den Öbag-Alleinvorstand ist es der sanftestmögliche Abschied. Doch von Gestaltungskraft kann ab sofort bei einem Manager mit Ablaufdatum keine Rede mehr sein. Dabei geht es jedoch um ein Beteiligungsportfolio der Republik mit einer Gesamthöhe von 26 Milliarden Euro, in dem in einigen Unternehmen wichtige Weichenstellungen bevorstehen, etwa bei den Casinos Austria, wo die Nachfolge von Vorstandschefin Bettina Glatz-Kremser geregelt werden muss; und in der Telekom Austria muss der Syndikatsvertrag neu ausverhandelt werden, der die Zusammenarbeit der Hauptaktionäre América Móvil aus Mexiko und der Öbag regelt. Bei beiden Unternehmen steht viel für die Steuerzahler und den Standort Österreich auf dem Spiel.

Politisch ist diese Lösung zudem ein gefundenes Fressen für die Opposition, die geschlossen wie mittlerweile fast immer, wenn es gegen Kurz und seinen engsten Kreis geht, den sofortigen Abgang Schmids fordert. Der Verzicht auf eine Verlängerung gibt dieser Position nur neue Nahrung. Nichts motiviert Boxer mehr als die Erkenntnis, dass ihre Treffer Wirkung zeigen. Und ja, das Bild von den Boxern muss mittlerweile als taugliche Beschreibung der österreichischen Innenpolitik gelten.

Dabei ist klar, dass die Kritiker letzten Endes auf den Kopf des Bundeskanzlers abzielen. Mit Schmid sind sie Kurz so nahe wie noch nie gerückt. Das ist wie Doping für jeden Boxer. Die wirksamste, weil schmerzhafteste Waffe für den Sturmlauf stammt bisher aus türkisen Arsenalen. Bleibt die Frage, ob ein versöhnliches Ende der Pandemie der Koalition eine Verschnaufpause verschaffen wird. Das ist möglich, aber sicher eben auch nicht mehr.