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Falsch abgebogen

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Es ist ein Fehler, in der EU den Verkauf von Verbrennerautos ganz zu verbieten.


Sie gehören zu den beliebtesten Fotomotiven für Touristen, die in der sozialistischen Tristesse Kubas auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten sind: amerikanische Oldtimer aus den 1950er Jahren mit ihren charakteristischen Heckflossen, Weißwandreifen und satt brummenden Aggregaten. Geschuldet ist diese enorme Zahl an meist sorgsam gepflegten Oldtimern auf der Karibikinsel freilich nicht einer unerklärlichen Sammlerleidenschaft im Tropenkommunismus, sondern der dortigen Diktatur. Weil ab 1959 Private keine Autos mehr importieren durften, wurden die bereits vorhandenen Fahrzeuge eben bis heute immer wieder renoviert.

In der EU könnte sich um die Mitte dieses Jahrhunderts ein vergleichbares Bild bieten. Denn in Folge des einschlägigen jüngsten Beschlusses des EU-Parlamentes dürfen hier zum Zwecke des Klimaschutzes ab 2035 keine Autos mit Verbrennermotor mehr zugelassen, bereits existierende aber weiter gefahren werden.

Man muss kein besonders begabter Prophet sein, um zu vermuten, dass dies in den 2030er Jahren und danach dazu führen wird, dass wir ähnlich wie in Kuba immer mehr Oldtimer auf den Straßen sehen werden. Ein derart massives Verbot, das in das Leben fast aller Menschen irgendwie eingreift, ist außerordentlich problematisch. Einerseits aus rein technisch-praktischen Gründen: Die Annahme, dass in der vergleichsweise kurzen Zeit bis zum Verbrennerverbot die gewaltige notwendige Infrastruktur für Abermillionen E-Autos - also Ladestationen, Stromtrassen, Windräder, Solaranlagen und Speicher - fertiggestellt werden kann, ist eher sehr optimistisch. In der Schweiz wird deshalb bereits überlegt, im Falle eines Energienotstandes den Betrieb von E-Autos temporär zu beschränken. Dazu kommt, dass die EU mit dem Verbot der Verbrenner eine ihrer bisherigen Schlüsselindustrien mit gewaltiger Wertschöpfung - die nötig ist, um den Sozialstaat zu finanzieren - mutwillig in ihrer Existenz bedroht. Das wird Chinesen und Amerikaner freuen, für Europa aber Wohlstandsverluste bedeuten.

Schließlich zeigt das Verbrennerverbot abermals, dass die EU finster entschlossen ist, den erfolgreichen Weg der sozialen Marktwirtschaft zu verlassen und stattdessen zunehmend dirigistisch nach altem französischem Muster zu werden. An die Stelle des Marktes, der darüber entscheidet, welche Produkte erzeugt werden und welche nicht, tritt der Staat, der immer strengere und immer engere Vorgaben macht; nicht unähnlich einer Kriegswirtschaft, in der die Unternehmen zwar weiter im Privateigentum bleiben, der Staat aber die Produktion diktiert.

Viel besser wäre es, nicht zur grünen Verbotskeule zu greifen, sondern etwa Privatautos ins System der CO2-Zertifikate einzubinden, wie es in der Industrie schon länger üblich ist. Jeder Automobilist wäre dann gezwungen, seine Emissionen über die Jahre deutlich zu reduzieren - ohne dass der Staat bestimmte Technologien vorschreibt oder erlaubt. Einer vermeintlich liberalen Marktwirtschaft stünde das entschieden besser zu Gesicht als Vorschriften über erlaubte und verbotene Treibstoffe und Motorentypen. Das nämlich hat den Staat nichts anzugehen.