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Sonst kippt das Klima

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Die ökologische Transformation ist "der" Stresstest für die Politik und ihre Fähigkeit zum Miteinander.


Langsam beginnen sich die ökonomischen Nebel über den Schlagworten vom dringend gebotenen Klimaschutz zu lichten. Klar ist, dass wir es mit einer Mammutaufgabe zu tun haben, wenn die vereinbarten Klimaschutzziele tatsächlich erreicht werden sollen; dies gilt umso mehr für Staaten wie Österreich, die sich in einer ohnehin ehrgeizigen EU noch einmal als Musterschüler hervortun möchten.

Nur ein Beispiel: Die EU will bis 2050 Klimaneutralität erreichen, Österreich schon 2040. "Business as usual" reicht da nicht. Laut der Folgenabschätzung, welche die EU-Kommission für das Ziel einer CO2-Reduktion um 55 Prozent bis 2030 erstellt hat, summieren sich die im Energiesektor zusätzlich nötigen Investitionen auf fast vier Billionen Euro. Umgelegt auf Österreich erfordert das rund eine Milliarde Euro zusätzlich pro Jahr allein im Bereich Energie. Angesichts von jährlichen Bruttoanlageinvestitionen von derzeit rund 100 Milliarden Euro - nach dem Einbruch 2020 mit wieder stark steigender Tendenz - erscheint das machbar. Allerdings bezieht sich diese Einschätzung eben nur auf den Energiebereich. Die ökologische Transformation von Konsum, Mobilität und Produktion wird noch weit mehr fordern.

Man soll Investitionen niemals als Kosten betrachten, dennoch müssen sie von den Unternehmen durch Gewinne früher oder später erwirtschaftet werden. Der Blick auf den Erhalt und, wo immer möglich, den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit ist deshalb nicht nur für die Wirtschaft legitim, sondern auch volkswirtschaftlich existenziell. Und weil dieses Megaprojekt eben alle betrifft, also Konsumenten, Arbeitnehmer und Unternehmen, braucht es auch die Zusammenarbeit aller.

Aufgabe der Politik ist es dabei, einen Ausgleich zu orchestrieren, der alle fordert, aber niemanden überfordert. Die Unternehmen müssen Gewinne erzielen, wie die Konsumenten sich die absehbaren Kostensteigerungen leisten können. Beide Seiten von Abgaben und Steuern zu entlasten, ist in dieser Situation aus Sicht des Staats vernünftig. Nur dann lassen sich neue Lasten schultern. Sache der Politik ist es, klare Vorgaben zu geben, um langfristige Planung zu ermöglichen und dort unterstützend einzugreifen, wo dies geboten ist.

Die nächsten Jahre werden ein großer Stresstest für die Politik, Interessenvertreter und Sozialpartner: Gelingen gemeinsame Problemlösungen, kann dies nur das Vertrauen in alle Akteure stärken. Ansonsten wird das Klima endgültig kippen - und dies in jeglicher Hinsicht. Doch dieses Miteinander wird nicht von allein in die Gänge kommen. Das ist die zentrale Führungsaufgabe.