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Herkulesaufgabe, Teil eins

Von Simon Rosner

Leitartikel

Das Gesetz zum Klimaschutz wird weniger komplex, ist aber politisch heikler.


Die Regierung zeigt, dass Klimaschutz nicht wehtun muss. Außer man hat das historische Pech, derzeit Finanzminister zu sein. Der verwaltet freilich nur Steuergeld, weshalb sich seine Schmerzen auch in Grenzen halten dürften. Was Türkis-Grün bisher im Bereich Klimaschutz umgesetzt hat, und wenig war das nicht, ist vor allem auf der Feel-good-Seite der Umweltbilanz zu finden: Erhöhung der Förderungen für E-Autos und E-Bikes, Investitionen in den Ausbau von Bahn und Fahrradinfrastruktur sowie eine fixe Milliarde Euro pro Jahr für erneuerbare Energie. Das "Klimaticket", das Mobilität mit Bahn und Bus günstiger macht, ist auch eine Art Einladung zum Umstieg, aber kein Muss. Vor allem für Vielfahrer werden die Öffis günstiger, und mit 250 Millionen Euro halten sich die Kosten für den Bund in Grenzen (wobei diese Bewertung, zugegeben, vom fiskalischen Anything-goes in Zeiten der Pandemie getrübt sein mag, eine Viertelmilliarde ist ja auch nicht nichts).

Am Geld lag es bei der Umsetzung des schon sehr lange angekündigten "Österreich-Tickets" bisher aber nicht. Es war eine gesetzliche und organisatorische Herkulesaufgabe, an der frühere Regierungen entweder scheiterten oder es gleich sein ließen. Dass dies nun gelungen ist, muss der Bundesregierung und speziell Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gutgeschrieben werden.

So wichtig dieser zweifellos große Schritt ist, sollte seine Auswirkung auf Österreichs CO2-Emissionen aber nicht überbewertet werden. Vor allem in den zersiedelten Gegenden, wo es keine regionalen Zentren mehr gibt, ist der Umstieg auf Bahn und Bus auch bei einer Intervallverdichtung schwierig. Und leere Öffis, die öfter fahren, verbrauchen auch mehr Energie.

Leider wird Klimaschutz, zumindest dem einen oder anderen, eben schon wehtun müssen. Die CO2-Bepreisung, die noch heuer beschlossen werden soll, wird dazu führen, dass klimaschädliches Verhalten teurer wird. Also zum Beispiel Auto fahren. Die Politik ist zwar bemüht, Leidtragende zu entschädigen, öffnet sie aber bei den Kompensationen das Füllhorn, verpufft der Lenkungseffekt.

Das ebenfalls in Planung befindliche Klimaschutzgesetz wird dann den Pfad zur Klimaneutralität auf eine regulatorische Basis heben. Die Umsetzung ist wohl weniger komplex als das "Klimaticket", aber politisch heikler, weil aus diesem Gesetz herauszulesen sein wird, wann etwa Verbrennungsmotoren verboten werden. Spätestens dann wird auf die Politik eine andere Herkulesaufgabe zukommen, nämlich die Kommunikation des Notwendigen, aber Unangenehmen. Glücklicherweise ist diese Regierung in Sachen Kommunikation aber personell sehr gut aufgestellt.