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Parteien haben Pflichten

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Österreich sponsert Parteien großzügigst. Doch das ist mit Gegenleistungen verbunden.


Für sich genommen hat die Ankündigung der oberösterreichischen Impfgegner-Partei "MFG", was für "Menschen, Freiheit, Grundrechte" steht, keinen großen Neuigkeitswert: Eine Ein-Themen-Truppe, die oft auch als Ein-Personen-Bewegung auftritt, hat das Glück, zur richtigen Zeit mit dem richtigen Thema bei Regionalwahlen zu kandidieren, schafft die Überraschung und will nun bundesweit um Prozente und Mandate antreten. Es ist ein Muster, das sich seit den 1990er Jahren in immer kürzeren Intervallen in Österreich und anderswo wiederholt.

Viel spricht dafür, dass das Schicksal der Impfgegner-Partei mit dem des Coronavirus verbunden sein wird: Wenn die Pandemie dereinst zu einer "normalen" Infektion schrumpft und folglich aus den Schlagzeilen verschwindet, werden auch die "15 Minuten Ruhm" für "MFG" wieder vorbei sein. Doch dann wird neuen "Single Issue"-Bewegungen die Stunde schlagen.

Das Thema Klimaschutz liegt längst auf der Straße, sei es für Anhänger radikaler Ansätze oder als Sammelbecken für Leugner. In beiden Variationen liegt mit den richtigen Personen und Kampagnenprofis ein Einzug in die Parlamente im Bereich des Möglichen. Und weitere Gelegenheiten für politische Instant-Erfolge sind so sicher wie die fortgesetzte emotionale Polarisierung.

Diese Dynamik hat die eigentlich in Österreich bestehenden Hürden für einen Parlamentseinzug abgeschliffen. Die 4-Prozent-Marke für den Einzug in den Nationalrat und die meisten Landtage hat in Kombination mit der üppigen Parteienfinanzierung - heuer rund 212 Millionen Euro - über die längste Zeit der Zweiten Republik eine strukturkonservative Wirkung entfaltet, die den Platzhirschen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil vor politischen Start-ups verschafft hat.

Eine stabile Parteienlandschaft ist ein politischer Wert an sich, jedenfalls solange es diesen Parteien gelingt, sachgerechte Lösungen für Probleme zu finden und umzusetzen, qualifiziertes Personal für Wahlen zu rekrutieren, politische Prozesse inhaltlich und organisatorisch zu strukturieren, als Verbindungsglied zwischen Gesellschaft und staatlichen Institutionen zu fungieren und die jedem Wettbewerbssystem inhärente destruktive Energie politischer Konflikte im Zaum zu halten. Gelingt es den Parteien, diese Aufgaben grosso modo erfolgreich zu stemmen, ist die großzügige Parteienförderung Österreichs demokratiepolitisch gut investiertes Kapital.

Daran zweifeln immer mehr Menschen immer öfters. Und einfach den Ruf des politischen Berufs zu beschädigen, wird als Problemlösungsstrategie der Parteien nicht ausreichen.