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Voll erwischt

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Die Pandemie wird womöglich doch noch dem Land einen bleibenden Stempel aufdrücken.


"Die vierte Welle hat uns voll erwischt." Es war an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, das Offensichtliche auch noch in Worte zu fassen. Dieses "uns", das da "voll erwischt" wurde, darf ruhig im engeren Sinne verstanden werden: Die Regierung und das Gros der Landespolitik haben sich in einem Ausmaß als überfordert erwiesen, das man als Bürger zuvor für kaum möglich gehalten hätte.

Dieses harte, aber gebotene Urteil bedeutet nicht, die Herausforderungen der Pandemie kleinzureden. Etliche deutsche Bundesländer, darunter Bayern, und weitere Staaten hinken dem hiesigen Elend höchstens einen halben Schritt hinterher. Diese Krise lässt sich nicht nach politischem Belieben einhegen. Trotzdem sticht das Versagen der Politik, erheblicher Teile der Verwaltung und zu vieler Mitmenschen heraus. Regieren heißt, Sicherheit durch Handeln und Reden zu vermitteln - auch dann, wenn die Lage per se unsicher ist. Daran gemessen, wurden die Verantwortlichen gewogen und für zu leicht empfunden.

Dieses Versagen verschafft Österreich nun gleich doppelt den begehrten Platz als Europas Nummer eins: Wir sind die Ersten, die in der vierten Welle in einen harten Lockdown stolpern, und die Ersten, die eine allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19 einführen; beides eben nicht aus vorausschauendem Mut, der auch zu unpopulären Entscheidungen befähigt, sondern aus schierer Verzweiflung über die ausweglose Lage, in die man hineingestolpert ist. Aus Angst vor einem Teil der Bevölkerung und Herbert Kickls FPÖ, die wild entschlossen ist, sich als politische Stimme aller Impfskeptiker und Corona-Zweifler aufzuschwingen.

Es ist billig, zu billig, die Schuld für das Schlamassel allein dem FPÖ-Chef und seinen jenseitigen Thesen zu Corona in die Schuhe zu schieben. Kickl und die FPÖ tragen die Verantwortung für ihren radikalen Kurs, der massive Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung schüren will, aber die türkis-grüne Bundesregierung ist für ihre Unterlassungen und Handlungen schon noch immer selbst zuständig.

Trotzdem wird die Kombination aus Impfpflicht und Kickl-FPÖ Folgen haben. Folgt die Freiheitliche Partei ihrem Obmann, macht sie künftig in einer "Diktatur" Politik. Wenn "Österreich mit dem heutigen Tag eine Diktatur" sein sollte, wie Kickl am Freitag erklärte und was natürlich eine kühl kalkulierte Provokation darstellt, kann dies dennoch nicht ohne Konsequenzen bleiben - für die Politik der FPÖ wie für deren Stellung in der Republik.

Die Pandemie wird womöglich doch noch das Land nachhaltig verändern. Und das nicht zum Besseren.