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Der Preis der Pandemie

Von Marina Delcheva

Leitartikel
Marina Delcheva ist Leiterin des Ressorts "Wirtschaft" bei der "Wiener Zeitung".

In der Pandemie kann Geld, richtig eingesetzt, helfen und Leben retten.


Die Republik gibt gerade ganz viel Geld aus. Der eben beendete Lockdown kostete uns laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) rund 5,7 Prozent an wöchentlicher Wirtschaftsleistung. Das sind 600 Millionen Euro pro Woche. Hinzu kommen die Corona-Hilfen. Bisher hat der Fiskus gut 40 Milliarden Euro für Kurzarbeit und Unternehmenshilfen in die Wirtschaft gepumpt.

Eine parlamentarische Anfrage der Neos hat ergeben, dass wir allein für Corona-Tests bisher 1,6 Milliarden Euro ausgegeben haben. Im kommenden Jahr sind 1,3 weitere Milliarden vorgesehen. Angesichts dieser Summen wirken die 470 Millionen Euro an Impfkosten für 2021, wie sie die Agenda Austria errechnet hat, geradezu super-günstig. Aber eine Impfung muss man auch annehmen. Und ein Drittel der Bevölkerung tut das derzeit nicht.

In Österreich haben wir uns als Gesellschaft in der Pandemie dem eigentlich noblen Ziel verpflichtet, möglichst viele Menschenleben zu retten und vor einer Corona-Infektion zu schützen. Koste es, was es wolle. Es kostet zig Milliarden an Steuergeld, es kostete bisher vier Lockdowns, Einschränkungen der Grundrechte und jetzt die Impfpflicht. Die psychischen, gesundheitlichen und bildungspolitischen Folgekosten sind noch nicht eingepreist.

Es geht natürlich auch anders. Dafür reicht ein Blick über die Landesgrenze zu unseren östlichen EU-Nachbarn. In Osteuropa gab es nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 kaum noch Einschränkungen; und wenn, dann waren sie weniger hart als hierzulande. Folglich ist auch die Wirtschaft in Serbien, Rumänien, Tschechien und dem Baltikum weniger stark eingebrochen als in Österreich. Die Impfquote ist desaströs und tingelt in den meisten Ländern zwischen 30 und 50 Prozent herum. An eine Impfpflicht denkt trotzdem niemand. Die Gesellschaften dort haben sich - gebrandmarkt von den Erfahrungen mit kommunistischen Regimen - darauf verständigt, weder die Wirtschaft noch die persönliche Freiheit irgendwie einzuschränken. Koste es, was es wolle. Die Folge ist ein sehr hoher Blutzoll. Am Peak der vierten Welle im November sind in einigen Ländern 100, 200, 300 Menschen täglich an Corona gestorben. In überlasteten Krankenhäuser und unter Anwendung beinharter Triagen.

Wirtschaftlich und gesellschaftlich betrachtet geht Pandemie-Management aber auch billiger. Das Momentum-Institut hat kürzlich errechnet, dass eine Impfprämie von 500 Euro für jede impfbare Person nach erfolgtem Zweit- oder Drittstich rund 4 Milliarden Euro kosten würde. Also ungefähr so viel wie vier bis sechs Wochen Lockdown. Wie wirksam eine hohe Impfquote ist, zeigen Länder wie Portugal und Israel: kein Lockdown und wenige Covid-Tote.