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Opfer bringen

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Österreich aktiviert die Warnstufe seines Gas-Notfallplans. Das Naheliegende wird nicht getan.


Deutschland - man könnte hier auch Österreich und jedes andere westliche Land einsetzen - fürchte sich davor, wirtschaftliche Opfer bringen zu müssen, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba einem deutschen Magazin. Und weiter: "Aber wissen Sie was? Wir bringen wirkliche Opfer. Wir verlieren Menschen."

An diesen Sätzen stimmt einiges (auch wenn nach diesem Maßstab kein Land genug tun kann, außer in den Krieg zu ziehen).

Wirtschaftliche Opfer tragen alle Staaten, die sich den wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland anschließen. Allerdings sind die meisten Regierungen versucht, diese Kosten in den öffentlichen Budgets zu verstecken. Steigende Heizkosten, Treibstoff- und Nahrungsmittelpreise sind der Stoff, aus dem die Albträume aller Regierungen sind. Und die Geschichte ist voll mit den Gründen dafür.

Trotzdem ist der Versuch letztlich zum Scheitern verurteilt. Eher früher als später wird sich die allgemeine Teuerung ihren Weg in alle Geldbörsen und Kassen fressen. Und sollte es tatsächlich zu einem Stopp der russischen Gas- und Öllieferungen kommen, falls, wie vom Kreml gefordert, die Rechnungen nicht ab April in Rubel bezahlt werden, ist die Rückkehr zu großflächigen Hilfspaketen unvermeidlich.

Ob es sich dabei nur um einen Bluff Wladimir Putins handelt, um die Sanktionen gegen die russische Zentralbank zu umgehen, oder ob es ernst gemeint ist, wird sich demnächst zeigen. Nach Deutschland hat nun auch Österreich die Frühwarnstufe seines Notfallplans für die Gasversorgung aktiviert. Über diesen Plan würde man gerne Näheres erfahren, aber für den Moment muss man wohl froh sein, dass es einen solchen gibt. Womöglich sind wir doch nicht so unvorbereitet, aber nur womöglich. Vorbereitung sei Schwäche, hat der Showmaster Peter Rapp einmal gesagt. Das war hoffentlich nur auf seine Branche gemünzt.

Seltsam ist, dass die Regierungen angesichts der Solidarität mit der Ukraine auf vielen Ebenen nicht auf diesen Zug aufspringen und das Naheliegende machen: die Menschen aufzufordern, doch dort, wo es leicht geht, den eigenen Energieverbrauch zu reduzieren. Vor allem beim Heizen, aber auch überall sonst, wo es eben ohne große Probleme möglich wäre.

Das ist nicht nur zumutbar, es würde vielleicht auch helfen, dass die nur noch zu 13 Prozent gefüllten Gasspeicher noch ein bisschen länger reichen. Das ist kein Ersatz für eine Energiestrategie ohne russische Energie, aber es würde vielen verdeutlichen, dass ihr Verhalten einen Unterschied macht. Das tut es nämlich, auch ganz ohne Politik.