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Sturm zieht auf

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Brüssel warnt vor Schockwellen durch einen Gasstopp. Und die Folgen drohen noch weit größer zu werden.


Ein Sturm zieht auf - und immer größer werden die Zweifel, dass wir für das, was da auf uns zukommt, gewappnet sind. Nach aktuellem Stand lautet die Antwort mit erschreckender Gewissheit: Nein. Und ob sich das noch ändern kann, steht mehr denn je in den Sternen.

Diese Einschätzung kommt nicht aus dem Bauch heraus, sondern lässt sich als Quintessenz aus der Konjunkturprognose der EU-Kommission herauslesen, die am Donnerstag präsentiert wurde. Darin wird vor weiteren Schockwellen für eine ohnehin gebeutelte Weltwirtschaft als Folge eines Energiestopps und der damit verbundenen Inflationsraten gewarnt.

Das klingt angesichts einer nur minimal nach unten revidierten Prognose für den EU-Raum von 2,6 Prozent für 2022 übertrieben. Doch dieser Schätzung liegt zugrunde, dass weiter russisches Gas gen Westen fließt. Diese Zuversicht verliert zunehmend an Berechtigung. Ein Gasstopp würde die EU im Herbst und Winter in eine Rezession stürzen und Österreich wie Deutschland in eine besonders tiefe.

Gleichzeitig sickerten erste Detail eines Notfallplans der EU-Kommission durch, der offiziell kommende Woche präsentiert werden soll. Wenn jetzt schnell gehandelt werde, könnten die Folgen eines Versorgungsstopps um ein Drittel reduziert werden, heißt es, was im Umkehrschluss bedeutet, dass der Schaden zu zwei Dritteln bereits fix ist.

Irritierend wirkt, dass die kolportierten Details dieses Notfallplans auf so selbstverständliche Dinge wie eine Reduktion der Raumtemperatur fokussieren und bei der Frage, wer für den Fall des Falles mit weniger Energie auskommen muss, die Folgeschäden doch bitte mitbedacht werden sollen. Das sind wichtige Fragen, aber in ihrer Kleinteiligkeit eher nichts für die oberste Koordinations- und Managementebene einer Union mit 450 Millionen Einwohnern.

Das Problem ist: Noch ist nicht bis zum letzten verunsicherten Bürger Europas durchgedrungen, dass "die da oben" alles, und zwar wirklich alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um einen solchen Notfall erst gar nicht eintreten zu lassen. Und solange es sich so verhält, laufen Ankündigungen wie Heizung herunterdrehen oder kalt duschen Gefahr, den Frust und die Unzufriedenheit nur noch weiter zu verschärfen. Mit unabsehbaren Folgen für die Stabilität der am meisten betroffenen Staaten. Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft der EU, wackelt bereits bedenklich. Wer wird als Nächster folgen? Denn dieser Sturm wird von einem anderen Kaliber sein, als der, vor dem uns die EU-Kommission gerade warnt.