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Bedenkliche Themenflut im U-Ausschuss

Von Daniel Bischof

Leitartikel

Die Vielfalt an Inhalten geht auf Kosten der Aufklärung.


Wer knapp zusammenfassen soll, worum es im aktuellen U-Ausschuss geht, gerät schnell ins Schwitzen. Die Vielfalt an Themen ist kaum noch überblickbar. Die Korruptionsvorwürfe gegen die Bundes-ÖVP wurden untersucht, beleuchtet wurde die Vorarlberger Inseratenaffäre. Viel Raum nahmen Studienvergaben und Postenbesetzungen in den Ministerien ein. Die justizinternen Querelen waren wieder Thema; auch wurde versucht, Österreichs Russland-Politik aufzuarbeiten.

Nach der Sommerpause weitet sich der Kreis aus. Geladen ist der ukrainische Oligarch Dmytro Firtasch, um dessen Auslieferung in die USA ein Rechtsstreit tobt. Zwei Ex-OMV-Vorstände, die einstigen Wirecard-Vorstände Markus Braun und Jan Marsalek sowie Investor Rene Benko stehen auf der Ladungsliste. Knapp vor der Tirol-Wahl im September werden zudem mehrere Vertreter der Tiroler ÖVP befragt, darunter Seilbahn- und Wirtschaftsbund-Chef Franz Hörl.

Für die Zeit danach plant die Opposition ebenfalls. Sie will vom Innen- und vom Justizministerium Akten zur "Operation Luxor" anfordern. Dadurch könnten demnächst auch die Ermittlungen zur Muslimbruderschaft im U-Ausschuss zum Thema werden.

Diese Vielfalt mag abwechslungsreich sein, gerade für die schnelllebige Medienwelt. Sie geht aber auf Kosten der Aufklärung. Der Debatte, ob diese oder jene Frage zum Untersuchungsgegenstand gehört, wird Tür und Tor geöffnet. Und natürlich geht der Fokus verloren. Nicht umsonst muss gemäß Bundes-Verfassungsgesetz der Untersuchungsgegenstand "ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes" sein.

Doch wie sollen Missstände strukturiert aufgeklärt werden, wenn sich die Themenpalette kaum eingrenzen lässt? Wenn wöchentlich von Muslimbrüdern über Österreichs Russland-Politik bis hin zu Vorwürfen gegen ÖVP-Landesparteien gesprungen wird? Gerade zu Letzteren gibt es die Möglichkeit, U-Ausschüsse in den Ländern einzurichten. Selbst der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer bezweifelte, dass sich die "Wien-Fahrt" von Tiroler ÖVP-Politikern "wirklich lohnt und die erwünschte Auskunft zur Aufklärung beiträgt".

Der U-Ausschuss ist zu Recht eines der stärksten Instrumente der Opposition. Er gibt ihr Mittel, Missstände aufzudecken, und verschafft ihr Aufmerksamkeit, die sie sonst oft nicht bekommt. Dass die Parteien den Ausschuss nutzen, um politisch zu punkten und thematisch unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, ist klar. Doch sollte dabei die Balance zwischen Aufklärung und Showeffekt gewahrt werden.