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Privatisierte Verwaltung

Von Simon Rosner

Leitartikel

Die Erklärungen zur Cofag klingen fast nach einem Eingeständnis.


Der März 2020 war eine verrückte Zeit. In Österreich sperrte das öffentliche Leben zu, das Sitzen auf einer Parkbank stand unter Strafe, und Herbert Kickl unterstützte die Regierung vorbehaltlos. Was noch passierte: In einer Wiener Wirtschaftskanzlei wurden ein Gesetz geschrieben und eine Gesellschaft installiert, die für den Bund die Covid-Hilfen abwickeln sollte. Aber warum? Österreich leistet sich eine große Ministerialbürokratie, die bei der Cofag kaum eingebunden war, sagt der Rechnungshof in einem Rohbericht. Weil damals halt alles so schnell gehen musste, erklärt das Finanzministerium sinngemäß. Das ist schon durchaus richtig, Zeit war wirklich ein zentraler Faktor, und es ging damals auch tatsächlich alles sehr schnell. Aber kann das Ministerium das nicht? Und wenn dem so sei: Warum nicht?

Die Erklärungen klingen fast nach einem Eingeständnis. Denn die Cofag ist kein Einzelfall, seit Jahren fließt immer mehr Verwaltungsarbeit nach außen. Das Cofag-Gesetz war nicht das erste, das Anwaltskanzleien erarbeitet haben, die sich diesen Dienst an der Republik naturgemäß entgelten lassen. Im Fall der Cofag mit einem Tagsatz von mehr als 4.000 Euro.

Seit geraumer Zeit fragen Oppositionsparteien routinemäßig die externen Dienstleistungen aller Ministerien ab, die Neos haben sie für die Jahre 2018 und 2021 zusammengerechnet und erkannt, dass sich die Ausgaben in diesen drei Jahren verdoppelt haben. Darunter fällt alles Mögliche, von Catering über Coaching bis hin zu Make-up, wofür es in den Ministerien nun wirklich keine Expertise gibt. Aber viel Geld fließt eben auch in Rechtsberatung und Consulting, was zu den Kernaufgaben der Beamtenschaft in den Ministerien zählt.

Das lässt zwei Deutungen zu: Entweder ist die Expertise nicht vorhanden oder man traut den eigenen Beamten nicht. Wobei vermutlich beides zutrifft. Es ist evident, dass die diversen Regierungsparteien - in den vergangenen fünf Jahren gab es deren vier - immer öfter und auch ungenierter ihr Personal an die Schalthebel der Verwaltung gehievt haben. Es vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht in irgendeinem Ministerium die Organisationsstruktur reformiert wird, was eine Neubesetzung der Sektionen bedingt, wobei es für die Posten oft so perfekt passende Bewerber gibt, als hätten diese die Ausschreibung selbst verfasst.

Weil aber Regierungen hierzulande nicht mehr alle paar Jahrzehnte wechseln, dürfen der Qualitätsverlust einerseits und das Misstrauen in frisch gefärbte Sektionen andererseits nicht verwundern. Das befördert die kostspielige Privatisierung der Verwaltungsarbeit, demotiviert die Beamtenschaft und schwächt so die Verwaltung doppelt. Vielleicht dient die Cofag da als Fanal. Dann hätte es am Ende noch was Gutes.