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Festgefahrener Glaube

Von Martina Madner

Leitartikel

Die Vertreter der Wirtschaft können oder wollen bei der Frage nach Steuern auf unerwartete Gewinne von Energiekonzernen ihre Positionen nicht überdenken.


Jetzt also auch die Industriellenvereinigung, oder zumindest die Wiener als Vorhut. Sie bezeichnete die Diskussion über neue Steuern auf die unvermutet hohen Gewinne von Österreichs Energieunternehmen und Überlegungen, diese abzuschöpfen, als "populitistischen Aktionismus". Denn nach SPÖ, FPÖ, Arbeiterkammer und Gewerkschaften, bekräftigte nun Vizekanzler Werner Kogler im ORF-Sommergespräch sein Ansinnen, solche "Übergewinne" besteuern zu wollen. Er würde Investitionen in erneuerbare Energie von der Besteuerung abziehen. Bonmot am Rande: Kogler wies in Anspielung an ähnliche Vorschläge des Kanzlers im Frühling, nach denen dieser aber wieder zurückruderte, wissen, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) "einen gewissen Faible" für eine solche Besteuerung erkennen lassen habe, andere hätten noch mehr Skepsis.

Mit den anderen könnte er die Wirtschaftskammer meinen. Die hört sich die zunehmend mehr Stimmen von Unternehmerinnen und Unternehmern, die wie die Bevölkerung über die enorm steigendenden Energiekosten klagen, still an; genauer genommen wollen sich die Spitzen der Wirtschaftskammer offenbar nicht zu einer möglichen Besteuerung der Übergewinne äußern. Vielleicht würde sich aber die altbewährte Sichtweise, jegliches zusätzliche staatliche Eingreifen in den Markt abzulehnen, aber auch nicht (mehr) mit der Sicht der großen Mehrzahl kleiner und mittlerer Unternehmen decken.

Die Industriellenvereinigung Wien schlägt sich klar auf eine Seite ihrer Mitglieder und bleibt bei Bewährtem: "Dass die Politik angesichts der derzeitigen Multikrise nervös ist, mag ja noch verständlich sein", heißt es zum Thema in einer Aussendung. "Dass sich gerade aber auch die Regierungsparteien nun zunehmend populistischen Sommernachtsträumereien hingeben, ist entschieden abzulehnen. Solche Schnellschüsse machen vielleicht kurzfristig Stimmung, für das wirtschaftliche Fundament unseres Landes sind solche Diskussionen aber Gift. Denn wir verlassen hier zunehmend den Boden der Marktwirtschaft und vor allem der steuerlichen Rechts- und auch Kapitalmarktsicherheit."

Die Marktwirtschaft und ihre Regelungen - Stichwort: Merit-
Order - lässt aber die Preise steigen. Warum also nicht über neue Ideen nachdenken? Manche ihrer Mitglieder machen das, sie wollen nicht "marktwirtschaftlich vernünftig" untergehen.