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Zu viele Fehlanreize

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Unabsichtlich hat die Republik eine Arena geschaffen, in der Prominenz zum Nulltarif zu erwerben ist.


Über die verhaltensauffälligen Absichtserklärungen des - um es neutral zu formulieren - bunten Kandidatenfelds für das Amt des Bundespräsidenten ist schon viel geschrieben worden. Was bisher zu kurz kam, ist die neue Wechselwirkung zwischen Politik, Geld und öffentlicher Präsenz.

Das beginnt mit der bekannten Beobachtung, dass es Finanzfragen waren, die den Rahmen dieser Wahl abgesteckt haben. Anders als sonst erhalten Kandidaten und/oder Parteien bei der Hofburg-Wahl keinen Kostenerersatz. Neben der Furcht vor der Niederlage ist dies wohl das wichtigste Argument, weshalb ÖVP, SPÖ und Neos keine eigenen Bewerber ins Rennen schicken.

Das ist parteipolitisch schlau und staatspolitisch ernüchternd: Die besondere Rolle und die üppige Förderung der Parteien werden mit deren Verantwortung gerechtfertigt, Kandidaten für Ämter und Wahlen zur Verfügung zu stellen. Wenn sie das nur unter der Bedingung tun, dass je extra Geld ausgeschüttet wird, sollten wir vielleicht erneut über die Vorrechte der Parteien diskutieren.

Gleichzeitig zeigen sich hier die negativen Folgen einer nicht zu Ende gedachten Verteufelung privater Spenden an Parteien. Selbstverständlich braucht es bei sämtlichen Zuwendungen völlige Transparenz, genauso wie bei den Ausgaben. Doch weil sich die Parteien bis vor kurzem gegen diese Offenlegung mit Händen und Füßen gewehrt haben, ist das finanzielle Engagement der Bürger für Parteien und Anliegen ihrer Wahl per se dämonisiert worden. Das ist kontraproduktiv.

Die aktuelle Kandidatenkonstellation lässt sich deshalb auch mit finanziellen Fehlanreizen erklären. Während "normale" Parteien aus Kostengründen verweigern, schafft es auf den Stimmzettel, wer 6.000 Unterstützungserklärungen zu organisieren versteht; unter den Bedingungen digitaler Mobilisierung ist das kein Selektionskriterium mehr. Umgekehrt verspricht der Sprung auf den Stimmzettel umfassende Berichterstattung über Person, Themen und Überzeugungen aller Kandidaten. Diese zum Nulltarif erworbene Präsenz und Prominenz ist nicht nur hartes Geld in Millionen-Euro-Höhe wert, sondern lässt sich während und nach der Wahl auch weiterverwerten. Rein privatwirtschaftlich wie politisch.

In Summe hat die Republik, ohne Absicht, eine Arena geschaffen, die fast zum Nulltarif enorme Präsenz für Individualisten mit Sendungsbewusstsein und/oder Vertreter mächtiger Interessengruppen bietet, seien dies nun Medienhäuser oder andere Gruppen. Und mit dieser Präsenz lässt sich anschließend wunderbar weiter wuchern. Und nein, keine Berichterstattung durch die Medien ist auch keine Lösung.