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Arbeitssieg

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Alexander Van der Bellen bleibt im Amt. Krisen haben auch an seiner Reputation genagt.


Der Alte ist auch der Neue. Die Wählerinnen und Wähler haben Alexander Van der Bellen ein Mandat für weitere sechs Jahre als Bundespräsident erteilt.

Ein strahlender Sieg schaut trotzdem anders aus: 2016 hievten 53,8 Prozent Van der Bellen in der Stichwahl gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer in die Hofburg; sechs Jahre später kann das amtierende Staatsoberhaupt laut Hochrechnungen nur unwesentlich mehr Stimmen auf sich vereinen. Das große politische Einigungsprojekt einer zusehends auseinanderdriftenden Republik, mit dem der ehemalige Bundessprecher der Grünen angetreten ist, ist diesem in seiner ersten Periode jedenfalls nicht gelungen. Trotz der offenen oder unausgesprochenen Unterstützung von vier der fünf Parlamentsparteien.

Und dies, obwohl auf weiter Flur kein wirklicher Herausforderer zu sehen war, dem man das Zeug zu einer Mehrheit hätte zutrauen können. Selbst die FPÖ hat in keinem Moment den Eindruck erweckt, mit ihrer Kampagne und ihrem Kandidaten Walter Rosenkranz unbedingt gewinnen zu wollen. Und mehr noch: Die übrigen fünf Gegenkandidaten zum amtierenden Bundespräsidenten waren, auf die eine oder andere Weise, ungeeignet für das Amt. Trotzdem dominierten sie mit ihrem teils kruden Amtsverständnis den Wahlkampf.

Dass sie die politische Bühne fast im Alleingang bespielen konnten, hängt zum Wesentlichen mit dem Verzicht von ÖVP, SPÖ und Neos zusammen, eigene Kandidaten für das höchste Amt im Staat zu nominieren. Das war parteipolitisch betrachtet durchaus rational, staatspolitisch haben diese Parteien allerdings ihre demokratische Pflicht verletzt.

Für das Wahlergebnis Van der Bellens sprechen andererseits die Krisen, die von Beginn seiner Amtszeit an bis in die unmittelbare Gegenwart an den etablierten Institutionen des Staates und allen voran an der politischen Autorität der diversen Bundesregierungen rüttelten. Wenn man bedenkt, wie meilenweit die türkis-grüne Koalition derzeit von einer gemeinsamen Mehrheit entfernt ist, erstrahlt die Wiederwahl des Bundespräsidenten doch in einem günstigeren Licht. Immerhin ist es "seine Regierung", von der sich die Wähler in Scharen abgewendet haben.

Zur Wahrheit zählt auch, dass einem im Moment nicht wirklich sehr viele andere Namen von Persönlichkeiten egal von welcher Partei einfallen, denen es gelingen würde, rund 56 Prozent der österreichischen Wählerinnen und Wähler hinter sich zu vereinen. Das ist eine recht treffende aktuelle Zustandsbeschreibung der politischen Verhältnisse der Republik. Und das ist keine wirklich beruhigende Nachricht.