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Der vermeidbare Weltkrieg

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Vermeiden die USA und China, in die Thukydides- Falle zu tappen?


Vom antiken Athener Strategen Thukydides stammt der Befund, dass der Peloponnesische Krieg zwischen Athen und Sparta aufgrund der Furcht Spartas vor der wachsenden Macht Athens unvermeidlich gewesen sei.

Der Harvard-Politikwissenschafter Graham Allison legt in seinem Buch "Destined for War", diese Schablone, die er "Falle des Thukydides" nennt, über die rapide ruppiger werdende geostrategische Rivalität zwischen China und den USA. Allison warnt in "Destined for War" - man könnte den Titel mit: "Zum Krieg verdammt" übersetzen - vor der hohen Wahrscheinlichkeit für einen Krieg, wenn eine aufstrebende Macht eine bestehende Großmacht als regionalen oder internationalen Hegemon zu verdrängen droht.

Allisons Buch ist im Jahr 2018 erschienen und die Warnungen vor einem Krieg zwischen den beiden mächtigsten Supermächten sind seither nicht leiser geworden: Vor etwas mehr als einem halben Jahr kam das Buch "The Avoidable War" in die Buchhandlungen. Der Autor ist niemand Geringerer als Kevin Rudd, australischer Ex-Premier und einer der besten westlichen Kenner Chinas. Sein Appell: Die beiden Giganten müssten einen Weg zu einem "gemanagten strategischen Wettbewerb" finden, um einen katastrophalen bewaffneten Konflikt zu vermeiden. Die Beziehungen zwischen dem Reich der Mitte und den Vereinigten Staaten waren zuletzt aber schlecht gemanagt. Chinas Präsident Xi Jinping war seit dem Ausbruch von Covid-19 in der chinesischen Stadt Wuhan in einer Quasi-Selbstisolation, die erst mit dem Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking endete. Und US-Präsident Joe Biden hat nach der Abwahl von Donald Trump wenig unternommen, um dessen feindselige Haltung gegenüber Peking zu korrigieren.

Nun endlich gab es vor dem G20-Gipfel auf Bali das erste persönliche Gipfeltreffen zwischen Xi und seinem US-Amtskollegen in Bidens Amtszeit. Das zweistündige Gespräch ist ein klares Signal der Entspannung. Es sei nicht alles "Kumbaya", sagte US-Präsident Biden nach seinem Treffen in Anspielung auf ein bekanntes Spiritual. Und tatsächlich sind die Beziehungen zwischen Peking und Washington alles andere als konfliktfrei - siehe Taiwan, Ukraine, Nordkorea, Tibet, Menschenrechte. Aber Biden betonte, es müsse keinen "neuen Kalten Krieg" geben. Auch im von Peking verbreiteten Communiqué werden versöhnliche Töne angeschlagen: Das Verhältnis der beiden Länder solle durch Dialog und Kooperation zum beiderseitigen Nutzen und nicht durch Konfrontation und Nullsummenspiele geprägt werden.

Die Welt muss darauf hoffen, dass beide Seiten einen Modus Vivendi friedlicher Koexistenz finden.