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Ein Mosaikstein

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Extreme Raser sollen künftig ihr Auto verlieren. Das ist richtig, wird aber das Problem allein nicht lösen.


Wie stoppt man gemeingefährliche und hartnäckige Autoraser? Letzten Endes nur, indem man diesen die Tatwaffe, das Auto, wegnimmt. Und zwar, wenn es gar nicht anders geht, dauerhaft.

Gelindere Mittel haben bis dato nicht verhindern können, dass regelmäßig mit fahrlässig überhöhter Geschwindigkeit nicht nur die eigene Sicherheit gefährdet, sondern bewusst (wem das nicht klar ist, dürfte erst gar nicht eine Lenkberechtigung erhalten) das Leben unbeteiligter Dritter aufs Spiel gesetzt wird. Daher sollen also Autos von extremen Rasern künftig beschlagnahmt und versteigert werden. Das ist der Kern einer Gesetzesnovelle zur Straßenverkehrsordnung, die ÖVP und Grüne schon kurz nach Regierungsstart angekündigt haben und nun endlich auch umsetzen wollen.

Die Täter, sofern sie bei klarem Bewusstsein handeln, dort zu treffen, wo es mutmaßlich am meisten wehtut, ist vernünftig. Wenn der drohende Verlust des geliebten fahrbaren Untersatzes, so irrational diese Liebe von außen betrachtet auch sein mag, zum Verzicht auf extreme Raserei führt, hätte die Gesetzesnovelle ihren Zweck erfüllt. Zumindest wenn diese Drohung bis in das aktive Bewusstsein der oft jungen und männlichen Lenker durchdringt.

Wunder an Effektivität sind dennoch nicht zu erwarten. Dafür ist der Stellenwert des Autos als Projektionsfläche für Sehnsüchte und schnelles Fahren als Ersatz für fehlende Freiheit im echten Leben viel zu tief im kollektiven kulturellen Unterbewusstsein Heranwachsender (und etlicher ewig Pubertierender) verankert. Und je deprimierender die eigene Gegenwart und Lebensperspektive, desto verführender ist die Flucht in kurze, wenngleich vorübergehende Momente erlebter Selbstbefreiung.

Schnelles Autofahren gilt für manche noch immer als Synonym für den individuellen Ausbruch aus allen gesellschaftlichen Fesseln: In dem Lied "Racing in the Street" hat Bruce Springsteen diesem Lebensgefühl ganzer Generationen nach 1945, das bis heute in immer neuer Gestalt fortgeschrieben wird, ein Denkmal gesetzt.

Gegen solche Träume können schärfere Gesetze nicht allein bestehen, eben weil beim Rasen die Vernunft nicht mitfährt. Aber ein Mosaikstein ist die Beschlagnahmung der Tatwaffe Auto für Wiederholungstäter allemal. Ein wesentlicher Teil sind öffentliche Debatten, die ein solches Verfahren klar benennen. Wie jüngst die Frage, ob tödliche Unfälle, die durch extremes Rasen verursacht werden, nicht juristisch als Mord zu werten sind. Auch Bilder und Berichte von so verurteilten Tätern haben ihre Wirkung.