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Reden über Medien

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Die Regierung entscheidet ohne öffentliche Debatte über den ORF. Dafür hat sie eigentlich kein Mandat.


Im mit Abstand größten Medienhaus Österreichs, im ORF, erfolgen demnächst Weichenstellungen von ganz grundsätzlicher Bedeutung; teils sind diese eine Folge dringend gebotener Anpassungen an die Digitalisierung und an ein verändertes Nutzerverhalten; teils sind sie das Resultat höchstrichterlicher Erkenntnisse wie die Reform der Finanzierung; und teils erzwingt die Regierung nun ein Maßnahmenpaket, weil sie den Schlüssel für die Finanzierung in Händen hält.

Über diese Weichenstellungen ließe sich trefflich diskutieren und idealerweise sogar streiten, weil die Konfrontation entgegengesetzter Meinungen die Methode in liberalen Demokratien ist, an deren Ende ein besseres Ergebnis herauskommen sollte, als wenn es diese offene Auseinandersetzung nicht gegeben hätte. Man nennt so ein Verfahren im Fachchinesischen einen deliberativen Prozess, das auf der Einsicht beruht, dass der öffentliche Austausch von Argumenten alle klüger macht: die Betroffenen, die Politik und alle Bürger gleich mit.

Das ist deshalb hier etwas ausführlicher erklärt, weil die Verantwortlichen in Österreich davon keine Ahnung haben. Und das betrifft nicht nur den Bereich der Medienpolitik, aber diesen eben ganz besonders. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zieht Entscheidungen hinter verschlossenen Türen der inhaltlichen öffentlichen Debatte vor. Und wenn sie sich doch äußert, setzt sie weniger auf sachliche Argumente, dafür umso mehr auf ewige Wahrheiten à la "das Geld wächst nicht auf den Bäumen", um ihre Positionen zu begründen.

Eben weil Geld ein (wenngleich nicht für alle im politischen Komplex) knappes Gut ist und auch nicht auf Bäumen wächst, wäre eine ernst gemeinte Debatte darüber, welchen ORF sich diese Republik leisten können will und soll, umso dringender geboten. Der ORF hat aufgrund seiner Bedeutung ein Recht auf eine solche von Argumenten und Überzeugungen getragene Diskussion, die auch seine Kritiker miteinschließen muss. Zumal sich diese Institution, jedenfalls theoretisch und von ihrer rechtlichen Konstruktion als Stiftung des öffentlichen Rechts her, allerdings nicht realpolitisch, auch dem direkten Zugriff durch die Regierung entziehen würde.

Doch stattdessen erlebt die Republik ein beispielloses Schweigen der politischen Verantwortlichen und auch der Führungsriege des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Österreich ist ein Staat, der nie gelernt hat und nie lernen wollte, sich über die Rahmenbedingungen seiner Öffentlichkeit zu verständigen. Das stärkt die Mächtigen und schwächt alle anderen.