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Zu viele Seltsamkeiten

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

In Demokratien kann keiner, wenn die Dinge in eine falsche Richtung laufen, mit dem Finger auf die anderen zeigen.


18 Monate vor dem regulären Wahltermin, den einzuhalten die Koalition unentwegt gelobt, versorgen uns die wichtigsten Parteien mit Nebelkerzen, Familienaufstellungen und Schwurbeleien über künftige Koalitionen.

Der Bundeskanzler recherchiert in Dänemark über Möglichkeiten, Österreichs soziales Netzwerk für Zuwanderer unattraktiv zu machen, ohne dazuzusagen, dass die Dänen ein völlig anders konstruiertes Sozialhilfesystem haben.

Die SPÖ ist mit eigenen Befindlichkeiten und der internen Machtfrage beschäftigt.

Die FPÖ zwingt dem Land mithilfe der niederösterreichischen ÖVP eine Sinnlos-Debatte über die Rückerstattung von Corona-Strafen auf, während sie sich auf Kosten der von Russland überfallenen Ukraine als Gralshüter eines aus der Zeit gefallenen Neutralitätsverständnisses gerieren.

Und die Grünen? Die sehnen sich trotz aufrechter Koalition mit der ÖVP nach einem Bündnis mit SPÖ und Neos.

Allein Neos die sind derzeit nicht verhaltensauffällig.

Mit den real existierenden Problemen von Land und Leuten haben diese Prioritäten der Parteien allenfalls am Rande zu tun. Diese gehen der Regierung fast nur dann einfach von der Hand, wenn sich ÖVP und Grüne auf das Verteilen staatlicher Fördermittel zum beiderseitigen Nutzen verständigen können. Alles andere wird entweder in Gegengeschäften teuer abgegolten oder bleibt ansonsten liegen.

Trotzdem ist die Republik kein hoffnungsloser Fall. Die Stärken des Landes sind seine fleißige Bevölkerung, erfolgreiche Unternehmen, die blühende Kultur- und Vereinslandschaft sowie gefestigte Institutionen. Eigentlich würde die Republik über alle Voraussetzungen verfügen, um in sämtlichen Rankings, von der Lebensqualität über das Vertrauen in die Institutionen bis hin zur Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, in Europas Spitzenfeld mitzuspielen.

Tatsächlich belegen wir zu oft trotz überdurchschnittlicher Ausgaben nur Ränge im mediokren Mittelfeld. Zu viele Strukturmängel verstärken bestehende Schwächen und schwächen die vorhandenen Stärken. Dafür trägt die Politik nicht die exklusive, sehr wohl aber eine wesentliche Verantwortung.

In einer Demokratie kann keiner, wenn die Dinge in eine falsche Richtung laufen, mit dem Finger auf die anderen zeigen. Die Menschen haben den Raum und die Freiheit, die Wählerinnen und Wähler die Auswahl, um für Veränderung zu sorgen. Schimpfen und Raunzen haben noch nie irgendetwas zum Besseren gewendet.