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Mitten im Minenfeld

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Natürlich soll Österreich bei der Entminung in der Ukraine helfen.


Neutralitätsdebatte in Österreich: "Es wird kein österreichischer Soldat für so einen operativen Einsatz ukrainischen Boden betreten, solange das ein Kriegsgebiet ist", stellte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag klar. "Wer österreichische Soldaten in ein Kriegsgebiet schicken will, der riskiert, dass sie nicht mehr lebend zurückkommen. Dieser Preis ist zu hoch", so der Bundeskanzler. Er verwies zudem darauf, dass er einen derartigen Einsatz auch in Hinblick auf Österreichs Neutralität als problematisch erachte.

Nehammer reagierte mit diesen Worten auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der zuvor im Rahmen des Europaratgipfels in Reykjavik seine Unterstützung für österreichische Hilfe bei der Entminung ziviler Bereiche in der Ukraine erklärt hatte. "Ich verstehe nicht, warum die Bundesregierung bei der Frage der Entminung immer noch zögert", so der Bundespräsident. "Unterstützung bei der Entminung ziviler Bereiche wie Wohnhäuser, Schulen, Kindergärten oder landwirtschaftlicher Gebiete widerspricht sicher nicht der österreichischen Neutralität, sondern ist eine humanitäre Angelegenheit."

Notabene: Van der Bellen hatte weder das Bundesheer erwähnt noch explizit davon gesprochen, dass Österreich Soldaten für den Entminungseinsatz in die Ukraine entsenden solle. Doch selbst wenn es so wäre, würde Österreichs Neutralität nicht gegen einen derartigen humanitären Minenräumeinsatz des Bundesheeres sprechen.

Der Völkerrechtsexperte Ralph Janik hat es in einem Tweet auf dem Kurznachrichtendienst Twitter gut auf den Punkt gebracht: "Österreich dürfte so gut wie alles machen (außer Nato-Beitritt und fremde Militärbasen auf seinem Gebiet zulassen). Österreich möchte so gut wie nichts machen. That’s it, es ist am Ende des Tages wirklich so simpel." Und was das Risiko für die österreichischen Soldaten betrifft: Die Soldaten des Bundesheeres sind und waren immer wieder in gefährlicher Mission unterwegs: am Golan, im Libanon und in Afghanistan. Aber wie gesagt, es geht nicht darum, das Bundesheer in die Ukraine zu schicken.

Was bleibt: Strohmann-Argumente von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Kanzler Nehammer, mit denen Ansinnen zurückgewiesen werden, die Van der Bellen nie erhoben hat - wohl mit dem Ziel einer politischen Positionierung nicht allzuweit entfernt von des Kremls bestem Mann in Österreich, FPÖ-Chef Herbert Kickl, der den Bundespräsidenten scharf kritisiert hat.

Man muss Van der Bellen dankbar sein: Er hat stets betont, dass Österreichs Haltung im Ukraine-Krieg "keineswegs neutral" sei. Denn "Neutralität ist nicht Gleichgültigkeit".