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Drei Seelen wohnen, ach!

Von Judith Belfkih

Leitartikel

Das Ergebnis der Befragung zeigt, wie zerrissen die SPÖ aktuell ist.


Drei ist eine magische Zahl. Ihre konkreten symbolischen Bedeutungen sind vielfältig: Wasser, Erde, Luft; Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft; Gottvater, Sohn, Heiliger Geist. Auch für die Sozialdemokratie erweist sich die Zahl Drei einmal mehr als absolute Schicksalsziffer. Nicht nur haben sich der jüngsten Mitgliederbefragung um den Parteivorsitz drei Personen zur Wahl gestellt. Die Mitglieder haben sich grob zu je einem Drittel hinter diese drei gestellt. Und auch wenn das die Optionen für die Führung - durch Pamela Rendi-Wagners Nicht-Kandidatur auf dem Parteitag - auf zwei reduziert hat, so bleibt die Partei dennoch in drei etwa gleich große Lager geteilt zurück.

Drei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust, ließe sich mit Goethe der Sozialdemokratie ein geflügeltes Wort in den Mund legen. Und diese drei Seelen ziehen durchaus in entgegengesetzte Richtungen: Die eine will beim Thema Asyl den Spielraum der Gesetze restriktiv ausschöpfen und Wähler aus dem rechten Lager ansprechen; die zweite sieht sich als solide Kämpferin für die Arbeitermittelschicht, als eine Art bürgerliche Mittelposition; und die dritte Seele schließlich schielt nach Linksaußen und versucht eine Wählerschaft anzusprechen, die in Salzburg und Graz die KPÖ gewählt hat. Drei legitime sozialdemokratische Ansätze, die in der Partei offenbar gleich stark vertreten sind. Die kommenden Tage bis zum Parteitag werden zeigen, ob sich diese ideologische Dreifaltigkeit als Balanceakt erweist oder als Zerreißprobe, an der die Partei sich spalten wird.

Die Drei ist auch hier von Bedeutung: Eine starke Sozialdemokratie beruft sich auf das Symbol der in den 1930ern gegründeten Eisernen Front, die sich als Gegenkraft zu Faschismus und Kapitalismus formierte. Deren Symbol - die drei Pfeile - steht nach Sergej Tschachotin für drei Tugenden: Aktivität, Disziplin und Einigkeit. Betrachtet man die aktuelle SPÖ unter diesen Gesichtspunkten, wird schnell klar: Aktivität gibt es im Übermaß; sie hat die Einigkeit gesprengt, und die Versuche, diese wieder herzustellen, ließen nicht sehr viel Disziplin erkennen. Zwei der drei Pfeile sind also erodiert.

Will die SPÖ nach wie vor ihr Ziel - das Bundeskanzleramt - bei der nächsten Wahl erreichen, muss sie die zwei verbliebenen Pfeile möglichst rasch reparieren. Das wird mit einer im Raum stehenden Spaltung in zwei Lager (Andreas Babler und Hans Peter Doskozil) nicht gelingen. Dass Pamela Rendi-Wagner draußen ist aus diesem Spiel, hat sie bereits klargestellt. Ob die verbleibenden beiden Herren es schaffen werden, die Partei zu stärken und zu einen, wird von einem einzigen Faktor abhängen: ob der Wunsch danach, das Leben der Menschen zu verbessern und damit das Land zu verändern, größer sein wird als das eigene Ego.