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Schluss mit dem Liebäugeln

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Rechtspopulistische Parteien in Europa und ihre Ideengeber, die rechten und ultrarechten Blogger, versuchen sich vom Norweger Anders Breivik, der fast 100 Menschen ermordete, zu distanzieren. Die FPÖ meinte gar, sie sei doch für die Tat nicht verantwortlich.

Nun, das stimmt, es hat aber auch niemand behauptet. Es geht darum, in welchem politischen Umfeld sich der 32-Jährige aufgehalten hat. Das wirre 1511-Seiten-Manifest offenbart die Weltanschauung eines vollkommen verhetzten Menschen, aber nicht eines Verrückten. Seit Jahren lebte er sich in rechten Internet-Foren aus, seit neun Jahren bereitete er sich auf den Anschlag vor.

Es ist diese unbedingte Konsequenz, die uns wohl schaudern lässt, auch die Politiker der Rechtsparteien. Wohin diese Hasstiraden gegen Islam, Linke und "Multikultis" führen können, hat Breivik in monströser Art bewiesen.

Es zeugt von einer ziemlichen Unterschätzung der Tat, wenn der österreichische ÖVP-Obmann am dritten Tagen nach dem Massaker in Norwegen erklärt, die FPÖ sei weiterhin ein potenzieller Koalitionspartner für die Volkspartei. Norwegens Regierungschef Stoltenberg hat den Weg vorgegeben: Die politische Antwort darauf muss eine noch offenere Gesellschaft sein - aber ohne jede Naivität.

Natürlich sind die Rechtspopulisten und ihre Grauzonen-Funktionäre zu den Rechtsextremen nun um Schadensbegrenzung bemüht. 86 Jugendliche abzuschlachten, dafür gibt es kein Verständnis. Aber die böse Saat dafür haben sie selber ausgebracht, diesen Vorwurf müssen sie sich gefallen lassen, und dafür gehören sie auch politisch abgestraft.

Der "Irre von Oslo", der gar nicht irre ist, hat gezeigt, wohin im schlimmsten Fall Teile der Gesellschaft abdriften, wenn zu wenig dagegen unternommen wird. Die Justiz ist (auch in Österreich) bei der Anwendung von Verbots- und Verhetzungs-Gesetzen vorsichtiger als bei gewöhnlichen Ladendieben. Das muss sich ebenfalls ändern.

Norwegen trauert, ganz Europa ist erschüttert. Und in der Politik muss sich was ändern. Die FPÖ als möglicher Koalitionspartner? Auf gar keinen Fall - so hätte die Antwort lauten müssen.