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Jobs und Demokratie

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

In den 34 führenden Industriestaaten sind seit Beginn der Krise 2007 insgesamt 13 Millionen Jobs verloren gegangen - 44 Millionen Menschen sind in diesen Ländern ohne Beschäftigung, darunter überdurchschnittlich viele Jugendliche. Die neue Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, hat wegen niedriger oder ausbleibender Wachstumsraten in den kommenden Jahren vor einer "verlorenen Generation" gewarnt.

Die könnte sehr schnell den Glauben an demokratische Systeme verlieren, wenn ihr Ausbildungs- und Job-Möglichkeiten verwehrt bleiben. Die europäischen Länder haben sich entschlossen, davor die Augen zu verschließen. Die Budgetkonsolidierung und die Bewertung der Kreditwürdigkeit wird als wichtiger eingestuft.

Eine verständliche Vorgangsweise, aber gefährlich und einseitig. Denn die Unternehmen sind ebenfalls vorsichtig: Arbeitskräfte werden immer öfter über Leihfirmen mit befristeten Dienstverträgen eingesetzt. Das verhindert jede längerfristige Planung für viele Familien. Wer nicht weiß, ob er in sechs Monaten noch einen Job hat, wird keinen längerfristigen Kredit (etwa für eine Wohnung) aufnehmen und in vielen Fällen von der Bank auch keinen bekommen.

Diese Situation reduziert das Wachstum noch stärker. Der Glaube an die politischen Institutionen sinkt, und angesichts der Prognosen wird er in den westlichen Demokratien wohl nicht steigen. Die permanente Beschäftigung mit sich selbst (beziehungsweise mit dem jeweiligen politischen Gegner) erhöht das Vertrauen der Menschen in die Politik mit Sicherheit nicht.

Regierung und Parlament nicht nur in Österreich (aber auch) müssen sich die Frage stellen, wo der Ausgang aus diesem Labyrinth ist. Er ist dort, wo es darum geht, solche Arbeitslosenraten nicht einfach hinzunehmen. Er ist dort, wo es darum geht, den Unternehmen jene Zuversicht zurückzugeben, damit sie ihre Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten behalten. Er ist dort, wo diese Verantwortung auch von Unternehmen und Sozialpartnern wahrgenommen wird.

Österreich will sein Triple-A behalten, die beste Bonitätsbewertung, die es gibt. Europa will seinen Wohlstand behalten, der immer noch der höchste der Welt ist. Es wird also Zeit, darüber eine inhaltliche Debatte zu führen und die Nabelschau der politischen Parteien zu beenden.