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Tag eins nach Pelinka

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Niko Pelinka wird doch nicht Büroleiter des ORF-Generaldirektors. Alexander Wrabetz muss auch einige andere Personaldeals vorerst auf Eis legen. Die Redaktion, die gegen die Pläne ihres Chefs Sturm gelaufen ist, hat sich durchgesetzt.

Die Verlierer der Debatte sind schnell aufgezählt: Wrabetz, dessen Autorität nach innen und außen irreparabel beschädigt ist; Pelinka als Person sowie als fleischgewordenes Symbol einer auf Parteiinteressen ausgerichteten Medienpolitik von der Kanzlerpartei abwärts.

Welche Lehren die Parteien aus diesem Lehrstück ziehen werden, bleibt abzuwarten. Ausgeschlossen werden darf, dass sie künftig auf jeden Versuch, ihre Interessen durchzusetzen, verzichten werden. Es wäre dies auch gegen die Natur jeder Politik.

Man muss es so deutlich formulieren: Eine Partei hat nur dann Interesse an einer Beschränkung politischer Einflussmöglichkeiten, wenn gerade eine andere Truppe das Sagen hat. Ändert sich diese Konstellation, ändert sich auch die Meinung. Das Gegenteil wird zwar stets beteuert, allerdings nie durch Taten eingelöst.

Ideen, die Gremien des ORF dem Zugriff der Parteien zu entziehen, gehen deshalb am Kern der Sache vorbei. Zu diesen gibt es in diesem Land, wo praktisch jede Regung zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation mehr oder weniger deutlich dem einen oder anderen Lager zuordenbar ist, keine Alternative. Hinter jedem Verein, jedem Verband, jeder Dachorganisation lugt - mehr oder weniger deutlich - eine Partei hervor.

Jede noch so ausgetüftelte Gremienkonstruktion für den ORF kommt deshalb um die Parteien nicht herum. Immerhin lassen sich so ja auch Schuldige für Fehlentwicklungen identifizieren. Keine ganz unwesentliche Frage, wo doch alle unablässig nach den politisch Verantwortlichen für Missstände fahnden.

Egal, wie es mit dem ORF in Zukunft weitergeht, er wird ein Schlachtfeld für die Begehrlichkeiten der Parteien. An den Redaktionen ist es, sich dem nach allen Seiten hin zu entziehen. Und durch ihre Arbeit jeden Verdacht einseitiger Berichterstattung zu widerlegen. Solches lässt sich sehr viel leichter behaupten als tagtäglich umsetzen. Aufklärung, Meinungspluralismus und vor allem die Lust am Widerspruch zum jeweils herrschenden Zeitgeist fallen leider viel zu oft journalistischer Handwerksroutine zum Opfer. Und längst nicht nur im ORF.